Start
   
  Impressum    Vorwort    Inhalt    Anhang    Stichwortverzeichnis   

Handbuch der Rechtsförmlichkeit / Inhalt / Teil C – Ziffer 9

Teil A: Vorbemerkungen zur Rechtsprüfung
  Teil B: Allgemeine Empfehlungen für das Formulieren von Rechtsvorschriften  
  Teil C: Stammgesetze – erstmalige Regelung bestimmter Sachverhalte  
  1. Die Überschrift des Stammgesetzes  
  2. Das Ausfertigungsdatum  
  3. Die Eingangsformel des Stammgesetzes  
  4. Inhaltsübersicht  
  5. Gliederung des Stammgesetzes  
  6. Übergangsvorschriften  
  7. Folgeänderungen  
  8. Zitiergebot nach Artikel 19 GG bei Grundrechts-einschränkungen  
  9. Geltungszeitregeln  
  10. Die Schlußformel  
  Teil D: Änderungsgesetze  
  Teil E: Rechtsverordnungen  
  Teil F: Formulierungshilfen für die Änderung von Gesetzentwürfen im Gesetzgebungsverfahren  
  Teil G: Bekanntmachung der Neufassung von Gesetzen und Rechtsverordnungen  
 
  Teil C Stammgesetze – erstmalige Regelung bestimmter Sachverhalte
  9. Geltungszeitregeln
  9.1 Inkrafttretensregelung
 
447 

Für jedes Gesetz ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens entscheidend. Die Festsetzung des Inkrafttretens gehört zur Normgebung. Mit dem festgesetzten Zeitpunkt beginnt grundsätzlich die Außenwirksamkeit oder auch Geltung der Rechtsregeln einschließlich der Ermächtigungen, die das Stammgesetz enthält. Davon zu unterscheiden sind die Existenz und die Anwendbarkeit des Gesetzes. Existent, damit aber noch nicht automatisch außenwirksam, ist das Gesetz schon mit seiner Verkündung. Zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Voraussetzungen ein Gesetz anwendbar ist, kann gesondert bestimmt werden. Dabei kann der Zeitpunkt, der für die Anwendbarkeit des Gesetzes (etwa hinsichtlich einzelner Sachverhalte, hinsichtlich bestimmter Veranlagungszeiträume, bestimmter Geschäftsjahre) festgelegt wird, vom Zeitpunkt des Inkrafttretens abweichen. Anwendungsregeln, die eher die Funktion von Übergangsvorschriften mit Verweisungen haben, und Inkrafttretensvorschriften sind daher klar voneinander zu trennen.

448 

Jedes Gesetz soll gemäß § 31 Abs. 1 GGO II den Tag des Inkrafttretens bestimmen. Wird das Inkrafttreten nicht ausdrücklich festgelegt, so greift die verfassungsrechtliche Regelung des Artikels 82 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes ein, d. h. das Gesetz tritt mit dem vierzehnten Tag nach Ablauf des Tages in Kraft, an dem das Bundesgesetzblatt ausgegeben worden ist.

449 

Da die Festsetzung des Inkrafttretens zur Normgebung gehört, kann sie nur durch den Gesetzgeber selbst erfolgen. Fehlerhaft ist es daher, wenn die Bundesregierung oder ein Bundesministerium im Gesetz ermächtigt würde, den Zeitpunkt des Inkrafttretens zu bestimmen oder einen im Gesetz festgelegten Geltungsbeginn hinauszuschieben.

450 

Eine Inkrafttretensregelung soll schon im ersten Entwurf vorgesehen sein. Sie muß gemäß § 31 Abs. 3 GGO II während des gesamten Rechtsetzungsverfahrens sorgfältig überwacht werden. Da das Rechtsetzungsverfahren regelmäßig länger dauert, muß die Inkrafttretensregelung zudem auch der jeweils aktuellen Prognose angepaßt werden, wann das Gesetz verkündet werden soll. Die laufende Anpassung ist notwendig, weil es sonst zu einer Umkehrung der gewollten Reihenfolge von Verkündungstag und Inkrafttretenstag kommen kann.

451 

Standort der Inkrafttretensregelung ist immer der letzte Paragraph oder Artikel des Stammgesetzes. Denn nur so ist gewährleistet, daß sich die Inkrafttretensregelung auf alle Vorschriften des Stammgesetzes bezieht.

  9.2 Gestaltungsmöglichkeiten für das Inkrafttreten
 
452 

Der Gesetzgeber kann den Termin für das Inkrafttreten grundsätzlich frei bestimmen. Er muß jedoch bestimmte Gegebenheiten und Folgen berücksichtigen. So benötigen viele Regelungen für ihre Umsetzung eine gewisse Vorbereitungszeit. Wenn sie auf eine direkte rechtliche Steuerung des Adressatenverhaltens zielen oder organisatorische Vorarbeiten der Verwaltung erfordern (z. B. den Erlaß begleitender Rechtsverordnungen), sollte zwischen Verkündung und Inkrafttreten ein gewisser Zeitraum liegen. Diese Vorlaufzeit sollte nach dem Umfang der Neuregelung und der notwendigen Vorbereitungsarbeit bemessen sein.

453 

Die Inkrafttretensregelung kann nach Bedarf gespalten werden: für Teile desselben Stammgesetzes können in der Schlußvorschrift verschiedene Zeitpunkte des Inkrafttretens bestimmt werden (sog. gespaltenes Inkrafttreten).

454 

Bei gespaltenem Inkrafttreten sollten alle Vorschriften, die zu demselben Zeitpunkt in Kraft treten sollen, zu „Teilmengen“ zusammengefaßt werden. Sie werden entsprechend der Reihenfolge der Paragraphen aufgezählt. In der Inkrafttretensvorschrift muß ein besonderer Zeitpunkt für jede der Teilmengen bestimmt werden. Dies sollte in der Regel jeweils in einem eigenen Satz geschehen. Sind zahlreiche Sätze erforderlich, so sollten zur besseren Übersichtlichkeit Absätze gebildet werden.

455 

Es ist zweckmäßig, in der Inkrafttretensregelung zuerst die kleineren Teilmengen mit besonderen Inkrafttretensterminen zu benennen und dann im letzten Satz der Inkrafttretensregelung die folgende Formulierung zu verwenden: „Im übrigen tritt dieses Gesetz am ... in Kraft.“ Die restlichen Vorschriften müssen dann nicht einzeln genannt werden.

456 

Die Reihenfolge der verschiedenen Inkrafttretenstermine sollte der zeitlichen Abfolge dieser Termine entsprechen. Im ersten Satz sollten also die Vorschriften aufgeführt werden, die zuerst – oder mit der weitesten „Rückwirkung“ – außenwirksam werden sollen.

    Beispiel:
   

Artikel 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SGBXI und anderer Gesetze:

   

(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Artikel 1 tritt mit Wirkung vom 1. Januar 1998 in Kraft.

(3) Artikel 2 Nr. 1 bis 5 (§§ 5, 36, 77, 78a bis 78g) tritt am 1. Januar 1999, Artikel Nr. 6 bis 11 (§§ 86, 87c, 89b, 89d, 89g, 89h) tritt am 1. Juli 1998 in Kraft.

457 

Soll in Fällen gespaltenen Inkrafttretens an anderer Stelle im Gesetzestext an die Inkrafttretensvorschrift angeknüpft werden, und zwar an einen der darin vorgesehenen Inkrafttretenstermine (z. B. in der Bekanntmachungserlaubnis, in Übergangsvorschriften oder bei der Regelung von Stichtagen, Antrags- oder Ausschlußfristen), so muß eindeutig erkennbar sein, welcher Inkrafttretenszeitpunkt gemeint ist. Dazu muß der jeweilige Inkrafttretenszeitpunkt genau umschrieben werden („Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § ... Abs. ...“ oder „Inkrafttreten des § ... dieses Gesetzes“). Besser ist es, das jeweilige Datum konkret oder durch einen Datierungsbefehl (Rn. 484) zu bezeichnen. Datumsangabe oder Datierungsbefehl sind auf den jeweiligen Inkrafttretenstermin abzustimmen.

458 

Ein Bedürfnis für ein gespaltenes Inkrafttreten kann bestehen bei Gesetzen, die Straf- und Bußgeldvorschriften enthalten. Ist für das Gesetz insgesamt oder für einzelne Teile ein rückwirkendes Inkrafttreten vorgesehen, so müssen hiervon jedenfalls die Straf- und Bußgeldvorschriften ausgenommen werden. Denn eine Rückwirkung ist hier unzulässig (Rn. 472).

459 

Auf die Möglichkeit des gespaltenen Inkrafttretens wird auch zurückgegriffen, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß ein Stammgesetz bei seinem Inkrafttreten unmittelbar durch Rechtsverordnungen begleitet wird, für die das Gesetz die Ermächtigungsnormen enthält. Damit die Rechtsverordnungen gleichzeitig mit dem Gesetz in Kraft treten, reicht ihre frühzeitige Vorbereitung allein nicht aus. Zu beachten ist insbesondere, daß eine Rechtsverordnung erst ausgefertigt werden darf, wenn die Ermächtigungsnorm in Kraft getreten ist (vgl. auch § 65 GGO II). Außerdem bedeutet die Ausfertigung einer Rechtsverordnung nicht ihr zeitgleiches Inkrafttreten, da zwischen Ausfertigung und Verkündung der Verordnung noch ein gewisser Zeitraum (Druck, Verteilung) einzurechnen ist. Um ein gleichzeitiges Inkrafttreten von Rechtsverordnung und Gesetz zu gewährleisten, muß die Ermächtigungsnorm daher sofort, d. h. „am Tag nach der Verkündung“, in Kraft treten – vor den restlichen Vorschriften des Gesetzes. Dann bleibt genügend Zeit für Vorbereitung, Erlaß, Ausfertigung und Verkündung der Verordnung. Der Inkrafttretenstermin der Verordnung kann dann auf den Inkrafttretenstermin der restlichen Vorschriften des Gesetzes gelegt werden.

460 

Die Vorschriften, die Ermächtigungen enthalten, sind in der Inkrafttretensvorschrift grundsätzlich genau anzuführen.

461 

Es kann erforderlich sein, mehrere Rechtsetzungsakte ganz oder teilweise an demselben Tag in Kraft treten zu lassen (sog. gekoppeltes Inkrafttreten). Dies ist der Fall, wenn ein Hauptgesetz und ein Einführungsgesetz zwar in getrennten Rechtsetzungsverfahren verabschiedet, aber an demselben Tag in Kraft treten sollen. Kennzeichen solch einer Kopplung ist, daß das Hauptgesetz, wenn es an das Einführungsgesetz gekoppelt wird, nicht ohne das Einführungsgesetz in Kraft treten kann.

462 

Besonderheit des gekoppelten Inkrafttretens ist, daß die Inkrafttretensvorschriften der beiden Gesetze auf das jeweils andere Gesetz mit dessen Zitiernamen Bezug nehmen. Diese wechselseitige Verweisung setzt voraus, daß bereits im Entwurfsstadium beider Gesetze die Entscheidung für eine Kopplung getroffen wird. Denn nur dann kann wie folgt formuliert werden:

   

(letzte Vorschrift eines Einführungsgesetzes)

   

Dieses Gesetz und das ... (Zitiername des einzuführenden Gesetzes) treten am ... in Kraft.

   

(Inkrafttretensvorschrift des einzuführenden Gesetzes)

   

Dieses Gesetz tritt an dem Tag in Kraft, der durch das ... Einführungsgesetz bestimmt wird.

    Beispiel:
   

Artikel 110 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2911):

   

„Die Insolvenzordnung und dieses Gesetz treten ... am 1. Januar 1999 in Kraft.“

   

§ 335 der Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866):

   

„Dieses Gesetz tritt an dem Tage in Kraft, der durch das Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung bestimmt wird.“

463 

Ist in Fällen, die nicht Haupt- und Einführungsgesetz betreffen, ein gleichzeitiges Inkrafttreten beabsichtigt, so ist es vorzuziehen, die beiden Gesetze in dasselbe Mantelgesetz aufzunehmen oder – bei getrennten Rechtsetzungsverfahren – ein identisches Inkrafttretensdatum zu wählen und dieses in beiden Gesetzen entweder konkret oder durch einen Datierungsbefehl (Rn. 484) zu benennen. Diese Verfahrensweisen sind klarer und rechtsetzungstechnisch einfacher als eine Kopplung der Gesetze. Letztere betont zwar die Zusammengehörigkeit der gekoppelten Gesetze durch die wechselseitige Verweisung, bringt aber einen komplizierten und ungewöhnlichen Inkrafttretensmechanismus mit sich, der nur im Ausnahmefall gewählt werden sollte.

464 

Soll der Tag des Inkrafttretens vom Eintritt eines externen Ereignisses abhängen, spricht man von einem sog. bedingten Inkrafttreten. Das externe Ereignis kann rein tatsächlicher Art sein (z. B. Aufbringung von Geldmitteln für einen Hilfsfonds) oder rechtlicher Art (z. B. Abschluß eines völkerrechtlichen Vertrags, Inkrafttreten eines Rechtsaktes). In Fällen bedingten Inkrafttretens ist das Anknüpfen des Geltungsbeginns an den Eintritt dieses Ereignisses eine wirksame Bestimmung des Inkrafttretens.

465 

Bedingtes und gespaltenes Inkrafttreten können auch miteinander kombiniert werden.

    Beispiel:
   

§ 14 des Ölschadengesetzes vom 30. September 1988 (BGBl. I S. 1770):

   

„(1) Die §§ 1 bis 4, 6 Abs. 2, §§ 7, 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 2, § 9 Nr. 1, 3 und 4, § 10 Nr. 1, 2 Buchstabe b, Nr. 4 und § 12 Abs. 1 treten an dem Tage in Kraft, an dem das Haftungsübereinkommen von 1984 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt.

   

Die §§ 5, 6 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 4 und § 12 Abs. 2 treten an dem Tag in Kraft, an dem das Fondsübereinkommen von 1984 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt. § 11 tritt an dem Tag in Kraft, an dem das Haftungsübereinkommen von 1969 für die Bundesrepublik Deutschland außer Kraft tritt. Im übrigen tritt das Gesetz am Tage nach der Verkündung in Kraft.

   

(2) Die Tage, an denen die in Absatz 1 Satz 1 bis 3 genannten Vorschriften dieses Gesetzes in Kraft treten, sind im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.“

466 

Es kann sein, daß der Eintritt des externen Ereignisses für die Allgemeinheit nicht wahrnehmbar ist, so daß das tatsächliche Inkrafttreten unklar bleibt. In diesem Fall muß die Inkrafttretensvorschrift zusätzlich die amtliche Beobachtung und Bekanntmachung des Bedingungseintritts vorsehen.

    Beispiele:
   

Das Gesetz über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder“ vom 17. Dezember 1971 (BGBl. I S. 2018) sah in § 4 Abs. 1 Nr. 2 vor, daß die Stiftung u. a. mit Vermögen in Höhe von 100 Millionen Deutsche Mark zuzüglich Zinsen ausgestattet wird, zu deren Zahlung sich eine Chemiefirma vertraglich verpflichtet hatte. In § 29 war das Inkrafttreten wie folgt geregelt:

   

„Dieses Gesetz tritt in Kraft, sobald sichergestellt ist, daß die in § 4 Abs. 1 Nr. 2 genannten Mittel der Stiftung in vollem Umfang zur Verfügung gestellt werden. Der Bundesminister der Justiz gibt den Tag des Inkrafttretens im Bundesgesetzblatt bekannt.“

   

Artikel 2 Abs. 1 des zweiten Gesetzes zur Änderung des Europawahlgesetzes vom 11. November 1993 (BGBl. I S. 1863):

   

„Artikel 1 Nr. 1 tritt an dem Tage in Kraft, an dem die Bestimmungen des Beschlusses des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 1. Februar 1993 (BGBl. 1993 II S. 1242) nach seinem Artikel 2 in Kraft treten. Der Tag des Inkrafttretens ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.“

467 

Es sollte konkret bestimmt werden, wer die Bekanntmachung vornimmt. Dafür ist jeweils die sächliche Behördenbezeichnung zu verwenden. Deshalb würde heute in dem ersten Beispiel in Rn. 466 das Bundesministerium der Justiz genannt.

468 

Die Bekanntmachung ist in diesem Fall kein zusätzlicher Rechtsetzungsakt mit einem konstitutiven Inkraftsetzungs- oder Anwendungsbefehl, sondern nur die – unverzügliche – Feststellung und Kundmachung des Eintritts der Bedingung und seines Zeitpunktes. Der Eintritt des externen Ereignisses als solcher löst das Inkrafttreten aus. Bei der Bekanntmachung besteht kein Entscheidungsspielraum hinsichtlich des Termins für das Inkrafttreten.

    Beispiele:
   

Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder“ vom 31. Oktober 1972 (BGBl. I S. 2045):

   

„Nach § 29 Satz 2 des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung ’Hilfswerk für behinderte Kinder’ ... wird hiermit bekanntgemacht, daß das Gesetz nach seinem § 29 Satz 1 mit sofortiger Wirkung in Kraft tritt.“

   

Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Artikels 1 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Europawahlgesetzes vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 852):

   

„Nach Artikel 2 Abs. 1 Satz 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Europawahlgesetzes vom 11. November 1993 (BGBl. I S. 1863) wird hiermit bekanntgemacht, daß Artikel 1 Nr. 1 dieses Gesetzes am 1. Mai 1994 in Kraft tritt.“

 

Ist die Bedingung bereits eingetreten, lautet die Bekanntmachung „... wird hiermit bekanntgemacht, daß ... in Kraft getreten ist“.

469 

Im Vollzitat des Gesetzes ist auch die Fundstelle der Bekanntmachung anzugeben (Rn. 164).

470 

Mit dem bedingten Inkrafttreten nicht zu verwechseln sind Fälle, in denen ein Inkrafttretenstag nur angekündigt wird.

    Beispiel:
   

„Über das Inkrafttreten dieses Gesetzes wird durch ein besonderes Gesetz entschieden.“

 

Derartige Vorschriften bedeuten lediglich, daß die Inkraftsetzung unbefristet aufgeschoben wird. Sie sollten unbedingt unterbleiben, da sie ein deutliches Anzeichen dafür sind, daß ein Rechtsetzungsbedarf verfrüht angenommen worden ist.

  9.3 Rückwirkendes Inkrafttreten
 
471 

Im Regelfall gelten Gesetze nur für die Zeit nach ihrer Verkündung. Gesetze können aber unter bestimmten Voraussetzungen auch mit Wirkung von einem Zeitpunkt an in Kraft gesetzt werden, der am Tag der Verkündung bereits vergangen ist. Wenn für ein Gesetz ein sog. rückwirkendes Inkrafttreten erwogen wird, ist immer eine besondere Zulässigkeits- und Zweckmäßigkeitsprüfung erforderlich.

472 

Unzulässig ist das rückwirkende Inkraftsetzen bei strafbegründenden oder strafschärfenden Gesetzen: Nach Artikel 103 Abs. 2 des Grundgesetzes kann eine Tat nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Soll ein Gesetz insgesamt rückwirkend in Kraft treten, so muß gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 2 GGO II für Straf- und Bußgeldvorschriften folgender Zusatz gemacht werden: „Die Strafvorschriften [die Bußgeldvorschriften] treten jedoch erst am ... in Kraft.“Als frühester Tag kann hier der Tag nach der Verkündung eingesetzt werden.

473 

Auch in anderen Fällen ist eine Rückwirkung unzulässig. Darunter fallen alle Regelungen, die ein bestimmtes Verhalten der Normadressaten steuern sollen. Dies folgt bereits aus der Tatsache, daß Gesetze vor ihrer Verkündung noch nicht existent sind und deswegen nicht beachtet werden können. Die Rückwirkungsfiktion macht diese „informationslose Phase“ nicht ungeschehen. Vielmehr ergäbe sich im nachhinein, daß sich die Normadressaten während des von der Rückwirkung erfaßten Zeitraums nicht normgerecht verhalten hätten. Dies war zum damaligen Zeitpunkt aber auch nicht möglich, da die betreffende Norm weder verkündet, noch außenwirksam war. Vor der Verkündung einer Norm kann auch kein Einzelakt öffentlicher Gewalt auf sie gestützt werden. In solchen Fällen kann allenfalls geprüft werden, ob eine gesetzliche Heilung fehlerhafter Einzelakte zulässig und gewollt ist.

474 

Im übrigen muß geprüft werden, ob der aus dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten abgeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes einem rückwirkenden Inkrafttreten von Normen entgegensteht. Nur soweit das Vertrauen der Normadressaten in das Fortgelten einer ihnen günstigen Rechtslage nicht mehr besteht oder nicht mehr schutzwürdig ist, können rückwirkende belastende Regelungen zulässig sein.

475 

Für die Normadressaten günstigere oder mildere Rechtsfolgen dürfen grundsätzlich auch an Ereignisse und Sachverhalte geknüpft werden, die bei Verkündung des Gesetzes bereits in der Vergangenheit liegen.

476 

Das rückwirkende Inkrafttreten wird gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GGO II mit folgender Formulierung ausgedrückt: „Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom ... in Kraft.“

  9.4 Präzise Festlegung des Inkrafttretensdatums
 
477 

Der Zeitpunkt des Inkrafttretens muß für alle Teile des Rechtsetzungsaktes so präzise wie möglich festgelegt werden. Dies folgt aus dem Gebot der Rechtsklarheit.

478 

Eindeutig und zugleich anwenderfreundlich ist die Angabe eines konkreten Inkrafttretensdatums. Auf diese Weise wird der Inkrafttretenszeitpunkt auf 0 Uhr des angegebenen Tages festgelegt (vgl. Rn. 69).

    Beispiel:
   

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2000 in Kraft.

 

Konkrete zukünftige Inkrafttretenszeitpunkte müssen während des Gesetzgebungsverfahrens gemäß § 31 Abs. 3 GGO II ständig darauf überprüft werden, ob ggf. ein späteres Inkrafttretensdatum eingesetzt werden muß.

479 

Der Zeitpunkt des Inkrafttretens kann aber auch bestimmt werden, indem auf die Verkündung Bezug genommen wird. Tag der Verkündung ist gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 GGO II der Tag der Ausgabe des Bundesgesetzblatts.

480 

Problematisch ist eine Formulierung, daß das Gesetz „... am Tag der Verkündung“ in Kraft tritt. Die darin enthaltene Rückwirkung auf den Beginn des Tages, an dem das Bundesgesetzblatt ausgegeben wird, kann unter Umständen unzulässig sein. Nicht präzise genug ist auch eine Bestimmung, das Gesetz soll „... Wochen/Monate/Jahre nach der Verkündung“ in Kraft treten. Hier ist unklar, ob der Verkündungstag selbst schon der erste Tag einer solchen Frist ist oder ob er, wie Artikel 82 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes bestimmt, nicht in die Fristberechnung einzubeziehen ist.

481 

Ausreichend präzise und in der Rechtsetzungspraxis üblich ist es, das Inkrafttretensdatum dadurch errechenbar zu machen, daß der Zeitabstand zwischen dem Verkündungstag und dem Beginn des ersten Geltungstages angegeben wird. Die Formulierung im einzelnen hängt davon ab, ob das Gesetz mit oder ohne Vorlaufzeit in Kraft treten soll und wie lange ggf. die Vorlaufzeit sein soll. Die Formulierungen sind in § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GGO II festgelegt.

    Beispiele:
  a)

(praktisch keine Vorlaufzeit)
„... tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.“
Zeitgemäß wird formuliert:
„... tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft“ (siehe Rn. 96).

  b)

(Vorlaufzeit zwei volle Kalenderwochen zuzüglich ggf. Rest der Woche, in die der Verkündungstag fällt) „... tritt am Montag der dritten auf die Verkündung folgenden Kalenderwoche in Kraft.“

  c)

(Vorlaufzeit drei volle Kalendermonate zuzüglich ggf. Rest des Verkündungsmonats) „... tritt am ersten Tag des vierten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.“

  d)

(Vorlaufzeit eineinhalb Jahre zuzüglich ggf. Rest des Verkündungsmonats) „... tritt am ersten Tag des 19. auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.“

  e)

(Vorlaufzeit ein volles Kalenderjahr zuzüglich Rest des Verkündungsjahres) „... tritt am 1. Januar des zweiten auf die Verkündung folgenden Kalenderjahres in Kraft.“

482 

Besonders ist auf die Kalendermäßigkeit des aufgeführten Zeitabschnitts zu achten. Denn die Wörter „Woche“, „Monat“ und „Jahr“ können auch in anderer Bedeutung verwendet und verstanden werden (vgl. § 188 Abs. 2 bis § 191 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Sie sollen immer mit dem Zusatz „Kalender-“ verwendet werden. Soll für das Inkrafttreten eine Vorlaufzeit von einem ganzen Jahr vorgesehen werden – unabhängig vom kalendermäßigen Jahresbeginn am 1. Januar –, so kann diese Vorlaufzeit in Kalendermonaten angegeben werden: „... tritt am ersten Tag des 13. auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft“ (vgl. Beispiel d). Hier wird der Rest des Verkündungsmonats noch in die Vorlaufzeit einbezogen.

483 

Soll an den konkreten Verkündungstag angeknüpft und die Zeitspanne in ganzen Monaten bemessen werden, wird eine kompliziertere Formulierung erforderlich, weil die Monate unterschiedlich lang sind.

    Beispiel:
   

„... tritt an dem Tag des achten auf den Monat der Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft, dessen Zahl mit der des Tages der Verkündung übereinstimmt, oder, wenn es einen solchen Kalendertag nicht gibt, am ersten Tag des darauffolgenden Kalendermonats.“

   

Rechenbeispiele:

   

verkündet: 17. Juli 1999; in Kraft: 17. März 2000

verkündet: 31. August 1999; in Kraft: 1. Mai 2000, da es den „31. April“ nicht gibt

verkündet: 29. Juni 2000; in Kraft: 1. März 2001, da es den „29. Februar 2001“ nicht gibt.

 

Im Einzelfall ist sorgfältig zu prüfen, ob die Vorlaufzeit unbedingt eine bestimmte Anzahl vonMonaten betragen muß– nicht mehr und nicht weniger. Zu empfehlen ist jedenfalls eine Formulierung als Datierungsbefehl (vgl.Rn. 484 f.). Am besten ist es, ein konkretes Datum anzugeben (vgl. Rn. 478).

484 

Die in Rn. 481 aufgeführten Formulierungsbeispiele sind zwar präzise; adressatenfreundlicher und dokumentationsgerechter ist es aber, wenn statt einer Rechenaufgabe nur deren Ergebnis im Verkündungsblatt erscheint.Um dies zu erreichen, können eindeutige Datierungsbefehle im Entwurf vorgesehen und im Gesetzesbeschluß enthalten sein. Diese Datierungsbefehle werden dann von der Schriftleitung des Verkündungsblattes ausgeführt, sobald der Ausgabetag der Nummer des Verkündungsblattes feststeht. Ob die Angaben in dem Verkündungsblatt richtig sind, kann anhand des Gesetzesbeschlusses nachgeprüft werden.

 

In den Beispielen a), b), c) und e) der Rn. 481 würde der Datierungsbefehl lauten:

  a)

„... tritt am ... (einsetzen: Datum des Tages nach der Verkündung) in Kraft.“

  b)

„... tritt am... (einsetzen: Datum des Montags der dritten auf die Verkündung folgenden Kalenderwoche) in Kraft.“

  c)

„... tritt am... (einsetzen: Datum des erstenTages des vierten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats) in Kraft.“

  e)

„... tritt am 1. Januar ... (einsetzen: Jahreszahl des zweiten auf die Verkündung folgenden Kalenderjahres) in Kraft.“

485 

Ein Datierungsbefehl eignet sich insbesondere dann, wenn zur Bestimmung des Inkrafttretens eine komplizierte Formulierung erforderlich wird. Denn diese erscheint, wenn sie als Datierungsbefehl gestaltet wird, nicht im Verkündungsblatt. Soll die Inkrafttretensregelung an den konkreten Verkündungstag anknüpfen und soll sich die Zeitspanne in ganzen Monaten bemessen (Rn. 483), so kann wie folgt formuliert werden:

   

„... tritt am ... (einsetzen: Datum desjenigen Tages des achten auf den Monat der Verkündung folgenden Kalendermonats, dessen Zahl mit der des Tages der Verkündung übereinstimmt, oder, wenn es einen solchen Kalendertag nicht gibt, Datum des ersten Tages des darauffolgenden Kalendermonats) in Kraft.“

  9.5 Befristung, Außerkrafttreten
 
486 

Im Gegensatz zum Inkrafttreten muß das Ende der Geltungsdauer eines Gesetzes regelmäßig nicht von vornherein festgelegt werden. Die meisten Gesetze enthalten dementsprechend keine Außerkrafttretensregelung. Sie gelten zwar nicht „ewig“, aber auf unbestimmte Zeit.

487 

Lediglich sog. Zeitgesetze haben eine klar abgegrenzte Geltungsdauer.

488 

Zeitgesetze sind zum einen Rechtsvorschriften mit ausdrücklich angegebenem Verfallsdatum.

    Beispiel:
   

§ 8 des Gesetzes über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen vom 26. Februar 1996 (BGBl. I S. 227):

   

„Dieses Gesetz tritt am 1. März 1996 in Kraft und am 1. September 1999 außer Kraft.“

 

Auch einzelne Vorschriften innerhalb eines Gesetzes können befristet sein.

489 

Zeitgesetze sind zum anderen Gesetze, die an das Erreichen eines Regelungszwecks gebunden sind. Sie sind nur solange geltendes Recht, bis die darin bezeichneten Maßnahmen abgewickelt sind. Sie treten automatisch außer Kraft, sobald der Zweck verwirklicht ist. Das Geltungsende wird nicht ausdrücklich bestimmt.

    Beispiel:
   

Volkszählungsgesetz 1987 vom 8. November 1985 (BGBl. I S. 2078)

   

Bundeswaldinventur-Verordnung vom 10. März 1986 (BGBl. I S. 340)

 

Von dieser Technik ist nur im Ausnahmefall Gebrauch zu machen. Nach Möglichkeit sollte bereits im Gesetz eine ausdrückliche Bestimmung des Geltungsendes getroffen werden („... tritt spätestens am ... außer Kraft“). Jedenfalls sollte, wenn ein weiteres Gesetz mit gleichartigem Regelungszweck erlassen wird, die Gelegenheit genutzt werden, um das Außerkrafttreten des Altgesetzes zu bestimmen.

    Beispiel:
   

§ 21 des Volkszählungsgesetzes 1987:

   

„Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Volkszählungsgesetz 1983 vom 25. März 1982 (BGBl. I S. 369) außer Kraft.“

490 

Das Grundgesetz selbst sieht eine befristete Geltung vor für die etatbezogenen Rechtsvorschriften, die in das jährliche Haushaltsgesetz aufgenommen werden (Artikel 110 Abs. 4), sowie für Gesetze, die im Verteidigungsfall von dem Gemeinsamen Ausschuß beschlossen worden sind, und für die auf solchen Gesetzen beruhenden Rechtsverordnungen (Artikel 115k Abs. 2 und 3).

491 

In anderen Fällen kann eine Befristung durch den Regelungsanlaß geboten sein. So kann die Befristung angezeigt sein, wenn die Dauer des tatsächlichen Regelungsbedarfs fraglich ist oder wenn die Problemlage so veränderlich ist, daß eine Dauerregelung nicht in Betracht kommt. Dies ist regelmäßig bei Gesetzen anzunehmen, die den Charakter einer dringlichen Abhilfe haben (z. B. Gesetze zur Entlastung der Gerichte in bestimmten Bereichen der Gerichtsbarkeit).

492 

Das Außerkrafttreten wird zusammen mit dem Inkrafttreten in der letzten Vorschrift des Stammgesetzes geregelt. Die Bestimmung erhält – sofern Überschriften vorgesehen sind – die Überschrift „Inkrafttreten, Außerkrafttreten“.

 

Durch eine Anwendungsregelung kann bestimmt werden, daß die Vorschriften noch weiter für bestimmte Sachverhalte und für bestimmte Zeiten (z. B. Geschäftsjahre) zu beachten sind. Diese Anwendungsregelungen, die eher die Funktion von Übergangsvorschriften mit Verweisungen haben, sind klar von der Außerkrafttretensvorschrift zu trennen. Für sie sollte eine eigene Gliederungseinheit vorgesehen werden.

493 

Nach Möglichkeit sollte ein konkretes Datum angegeben werden. Ist das Außerkrafttreten für den ersten Tag, 0 Uhr, oder den letzten Tag, 24 Uhr, eines Monats oder Jahres vorgesehen, kann formuliert werden „... tritt am ... außer Kraft“. Soll eine Vorschrift dagegen an einem Datum außer Kraft treten, das nicht der erste oder letzte Tag eines Monats oder Jahres ist, so ist zu formulieren „... tritt mit Ablauf des ... außer Kraft“ (vgl. Rn. 69).

 

Wird ein Datierungsbefehl aufgenommen, etwa weil auch die Inkrafttretensregelung einen Datierungsbefehl enthält, so ist darauf zu achten, daß dieser zutreffend und präzise denjenigen Tag bezeichnet, an dem die Geltungsdauer enden soll. Muß der Datierungsbefehl aus diesem Grund kompliziert gestaltet werden, so ist dies hinnehmbar, da sein Wortlaut im Verkündungsblatt nicht erscheint.

    Beispiele:
   

a) zwei Datierungsbefehle; Geltungsdauer: sechs Monate
„§ ...
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
... tritt am ... (einsetzen: Datum des ersten Tages des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats) in Kraft. ... tritt am ... (einsetzen: Datum des letzten Tages des sechsten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats) außer Kraft.“

   

b) Inkrafttreten am Tag nach der Verkündung; Geltungsdauer: sechs Monate
„§ ...
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
... tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. ... tritt mit Ablauf des ... (einsetzen: Datum desjenigen Tages des sechsten auf den Monat der Verkündung folgenden Kalendermonats, dessen Zahl mit dem Tag der Verkündung übereinstimmt, oder, wenn es einen solchen Kalendertag nicht gibt, Datum des letzten Tages dieses Kalendermonats) außer Kraft.“

   

Rechenbeispiele zu b):

   

verkündet: 27. Juni 1999; in Kraft: 28. Juni 1999; außer Kraft: 27. Dezember 1999

verkündet: 31. Mai 1999; in Kraft: 1. Juni 1999; außer Kraft: 30. November 2000, da es den „31. November“ nicht gibt

verkündet: 30. August 1998; in Kraft: 31. August 1999; außer Kraft: 28. Februar 1999, da es den „29. und den 30. Februar 1999“ nicht gibt

494 

Das Außerkrafttreten kann auch an den Eintritt eines externen Ereignisses (z. B. das Außerkrafttreten eines anderen Rechtsakts) geknüpft werden (sog. bedingtes Außerkrafttreten). Der Bedingungseintritt ist bekanntzumachen, wenn das Außerkrafttreten anderenfalls unklar bliebe (vgl. für das Inkrafttreten Rn. 466 ff.).

495 

Stellt sich bei befristeten Gesetzen später heraus, daß ein Regelungsbedarf noch auf unbestimmte Zeit fortbesteht, so kann die Befristung gestrichen werden.

    Beispiel:
   

Das Energiesicherungsgesetz 1975 vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3681) sollte nach § 18 Satz 2 am 31. Dezember 1979 außer Kraft treten. § 18 Satz 2 wurde durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Dezember 1979 (BGBl. I S. 2305) aufgehoben.

496 

Eine Befristung kann auch dann in Betracht kommen, wenn nicht absehbar ist, ob die ergriffenen Maßnahmen angemessen und tauglich sind. Zeigt sich bei ihrer Anwendung, daß sie geeignet sind, um den Gesetzeszweck zu erreichen, so kann auch hier die Befristung wegfallen.

    Beispiele:
   

Die Regelungen des Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum vom 25. September 1971 (BGBl. I S. 1839), das am 31. Dezember 1974 außer Kraft treten sollte, wurden durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3603) als § 564b in das Bürgerliche Gesetzbuch als Dauerregelung eingefügt.

   

Bestimmte Vorschriften des Asylverfahrensgesetzes vom 16. Juli 1982 (BGBl. I S. 946) sollten nach § 45 Abs. 2 zwei Jahre nach dem Inkrafttreten wieder außer Kraft treten. Durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2362) wurde § 45 Abs. 2 aufgehoben. Damit fiel die Befristung weg.

497 

Befristungen können auch bei Übergangsregelungen in Betracht kommen. Nach Ablauf der Übergangszeit kann ihr Außerkrafttreten vorgesehen werden, um so automatisch den Normenbestand zu bereinigen.

498 

Von befristeter Gesetzgebung sollte nur äußerst sparsam Gebrauch gemacht werden, auch wenn die angegebenen engen Voraussetzungen erfüllt sein sollten. Zum einen widerspricht eine Befristung von Gesetzen häufig den Erwartungen der Anwender an die Beständigkeit und Verläßlichkeit der Gesetzgebung. Zum anderen besteht die Gefahr, daß die Befristung einfach verlängert wird, wenn das Fristende heranrückt. Denn auch dann ist häufig nicht genügend Zeit vorhanden, sorgfältig zu prüfen, ob der Regelungsbedarf fortbesteht oder ob die ergriffenen Maßnahmen geeignet sind. Umgekehrt kann die Zeit knapp werden, um die Befristung aufzuheben und die Vorschriften in Dauerregelungen zu überführen. Einmal außer Kraft getretene Vorschriften müssen neu erlassen werden.