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Handbuch der Rechtsförmlichkeit / Inhalt / Teil B – Ziffer 1

Teil A: Vorbemerkungen zur Rechtsprüfung
  Teil B: Allgemeine Empfehlungen für das Formulieren von Rechtsvorschriften  
  1. Sprachliche Gestaltung von Gesetzen und Rechtsverordnungen  
  2. Bezeichnungen  
  3. Zitierweise von Rechtsvorschriften  
  4. Bezugnahme auf andere Texte  
  5. Besondere Hinweise zum Recht der Europäischen Union  
  6. Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen  
  Teil C: Stammgesetze – erstmalige Regelung bestimmter Sachverhalte  
  Teil D: Änderungsgesetze  
  Teil E: Rechtsverordnungen  
  Teil F: Formulierungshilfen für die Änderung von Gesetzentwürfen im Gesetzgebungsverfahren  
  Teil G: Bekanntmachung der Neufassung von Gesetzen und Rechtsverordnungen  
 

  Teil B: Allgemeine Empfehlungen für das Formulieren von Rechtsvorschriften
  1. Sprachliche Gestaltung von Gesetzen und Rechtsverordnungen
  1.1 Juristische Fachsprache und Verständlichkeit
 
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Vorschriftentexte sollen – so die Zielsetzung des § 35 Abs. 1 GGO II – soweit wie möglich für jeden verständlich gefaßt sein. Die Sprachwissenschaft beurteilt die Verständlichkeit von Texten nach folgenden Merkmalen: Einfachheit, Kürze und Prägnanz, Gliederung und Ordnung. Diese Merkmale gelten auch für die Sprache der Gesetze und Verordnungen. Besonderes Gewicht liegt bei Vorschriftentexten auf der Prägnanz, d. h. auf der Genauigkeit und Eindeutigkeit der Texte. Um Texte verständlich zu verfassen oder um sie sprachlich zu verbessern, sind drei Ebenen zu beachten: Wortwahl, Satzbau und Textaufbau.

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Grundsätzlich wird die Gestaltung von Vorschriftentexten dadurch beeinflußt, daß die Vorschriftensprache Teil der juristischen Fachsprache ist. Kennzeichen jeder Fachsprache ist eine klare und eindeutige, zugleich formalisierte und vereinheitlichte Ausdrucksweise. Echte Fachsprache ist die Sprache von Fachleuten für Fachleute. Wird sie von Nichtfachleuten gebraucht, so verliert sie ihre unmittelbare Bindung an das fachliche Denken. Begriffe und Aussagen büßen einen wesentlichen Teil ihres Inhalts und ihrer Präzision ein, vor allem aber einen wesentlichen Teil ihrer Beziehung zur fachlichen Systematik, die Laien nicht kennen.

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Eine Besonderheit der juristischen Fachsprache liegt in der Verwendung von Ausdrücken, die der Form nach mit denen der Gemeinsprache, d. h. der allgemein verwendeten Sprache, übereinstimmen, ihrer Bedeutung nach aber von der Gemeinsprache abweichen können. Wörter wie „Eigentum“, „Besitz“, „finden“, „Tier“, „Sache“, „Dunkelheit“, „Mörder“ unterscheiden sich im juristischen Sprachgebrauch mitunter erheblich von der Gemeinsprache.

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Rechtsvorschriften richten sich in der Regel an eine unbestimmte Anzahl von Personen, von denen die meisten keine juristische Vorbildung haben. Damit kein für Laien mißverständlicher oder gar unverständlicher Vorschriftentext entsteht, müssen die Eigenheiten der Fachsprache beim Abfassen von Gesetzen und Rechtsverordnungen im Auge behalten werden. Wenn Vorschriften für alle verständlich sein sollen, müssen Fachausdrücke und Wörter, die in einer von der Gemeinsprache abweichenden Bedeutung verwendet werden, im Text der Rechtsvorschrift durch Begriffsbestimmungen verdeutlicht werden.

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Der Gebrauch von Fachausdrücken in Vorschriftentexten muß sorgfältig geplant werden: Zunächst ist zu klären, welche Fachausdrücke übernommen oder gebildet werden müssen und was sie bezeichnen sollen. Der innere Zusammenhang zwischen diesen Ausdrücken ist zu ermitteln – eventuell mit Hilfe einer einfachen Skizze, die das Verhältnis der Ausdrücke zueinander abbildet. Auf dieser Grundlage sind die Bezeichnungen festzulegen. Sie müssen eindeutig sein und einheitlich verwendet werden. Die dazugehörige Definition oder Erläuterung sollte leicht aufzufinden sein.

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Es kommt auch vor, daß Wörter verschiedene Bedeutungen haben je nach dem Regelungszusammenhang, in dem sie stehen. Diese Bedeutungsunterschiede erschweren zusätzlich die Verständlichkeit. Mit Hilfe der Datenbank des Bundesrechts bei juris (vgl. Rn. 25 ff.) kann zuverlässig und schnell festgestellt werden, in welchen Einzelvorschriften die gleichen Begriffe verwendet werden. Diese Wortlautkontrolle erleichtert die einheitliche Bildung und Verwendung der Begriffe.

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Genauigkeit und Eindeutigkeit der Aussage lassen sich häufig nicht mit der Allgemeinverständlichkeit des Textes in Einklang bringen. Obwohl in der Regel bei ausreichender Bearbeitungszeit und sprachlicher Beratung die Allgemeinverständlichkeit der Vorschriften erheblich verbessert werden kann, wird es auch weiterhin komplizierte Rechtsmaterien geben, die sich nicht leicht lesbar fassen und eingängig beschreiben lassen. Allgemeinverständlichkeit darf nicht auf Kosten der Präzision erreicht werden. Der Mangel an Allgemeinverständlichkeit des Vorschriftentextes kann zum Teil ausgeglichen werden durch „Begleittexte“, z. B. Broschüren mit Erläuterungen und Anwendungsbeispielen. Auch gibt es viele Gesetze, die von Verwaltungsbehörden vollzogen bzw. umgesetzt werden und bei denen es rechtskundige „Vermittlungsstellen“ zwischen dem Gesetz und den Bürgern gibt.

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Sprachlichen Rat im einzelnen wie im allgemeinen kann die Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden und ihr Redaktionsstab beim Deutschen Bundestag geben (Rn. 38).

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Ein weiterer Grund für die oftmals schwere Verständlichkeit von Vorschriftentexten liegt in dem Gebrauch rechtsetzungstechnischer Mittel (z. B. Fiktion, Verweisung). Betrachtet man nur eine einzelne Vorschrift, so ist damit in der Regel nicht die abschließende Beurteilung eines konkreten Sachverhalts oder einer Rechtsfolge möglich. Andere Vorschriften desselben Gesetzes oder anderer Gesetze und Rechtsverordnungen müssen dafür herangezogen werden. Die Zusammenfassung gleichgelagerter Sachverhalte und die Beschränkung auf das jeweils Wesentliche einer Regelung sind jedoch unverzichtbar. Sie machen das Recht übersichtlich und in der Anwendung auf die unterschiedlichsten Sachverhalte handhabbar. Sie sichern die effektive und vor allen Dingen gleichmäßige Anwendung.

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Für das Ineinandergreifen der speziellen Regelungen gibt es ausdrückliche Festlegungen und Auslegungsregeln. Zum Beispiel wird schon aus der Wortwahl eines Zitats deutlich, ob eine starre Verweisung oder eine gleitende Verweisung gewollt ist. Bei der Formulierung von Gesetz- und Verordnungsentwürfen darf man sich darauf einstellen, daß Auslegungsregeln von den Behörden und – im Streitfall – von den Gerichten beachtet werden.

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Die Rechtssprache ist Deutsch, wie die Amtssprache (§ 23 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes) und die Gerichtssprache (§ 184 des Gerichtsverfassungsgesetzes, § 173 der Verwaltungsgerichtsordnung). Dies ist bei der Formulierung von Rechtsvorschriften (Verwendung von Fremdwörtern, siehe Rn. 58) und bei Verweisungen (Bezugnahme auf fremdsprachige Texte, siehe Rn. 58, 206) zu beachten.

  1.2 Allgemeine Hinweise zur Wortwahl
 
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Eine treffende Wortwahl macht Vorschriftentexte genau und eindeutig, also prägnant und trägt damit zu Verständlichkeit und Bürgernähe bei. Wörter sollten genau und logisch richtig verwendet werden. Das bedeutet zunächst, daß das gewählte Wort das Gemeinte zutreffend wiedergibt. So ist etwa „satzungsmäßig“ gleichbedeutend mit „in bezug auf die Satzung“, nicht mit „entsprechend der Satzung“; wenn letzteres gemeint ist, kann formuliert werden „nach der Satzung“ oder „satzungsgemäß“. Ebenso muß auf die Beziehung der Wörter zueinander und den Sinnzusammenhang geachtet werden. Unlogische Bezüge verwirren, und sie verschleiern die Aussage der Vorschrift.

    Beispiel:
   

statt: „... dazu gehören auch Anreize zur Eigenleistung einschließlich Nachbarschaftshilfe.“

   

besser: „ ... dazu gehören auch Anreize zur Eigenleistung sowie zur Inanspruchnahme von Nachbarschaftshilfe.“

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Die Vorschriftensprache muß redlich sein. Durch die Wortwahl darf weder die Verschlechterung der Rechtslage verschleiert, noch dürfen Sachverhalte beschönigt werden. Würde zum Beispiel in einer Pelztierhaltungsvorschrift für ein kleines Drahtgeflecht der Ausdruck „Gehege“ verwendet, sowäre dies irreführend. Denn unter „Gehege“ wird nach allgemeinem Sprachgebrauch ein weiträumiges, eingefriedetes Gelände verstanden, dessen Untergrund dem Boden der Umgebung entspricht. Ein allseitig umgrenzter Raum mit einem knappen Raumangebot für das Tier wird als „Käfig“ bezeichnet. Beschönigend und damit unredlich können auch sprachliche Anleihen bei der Sprache der Politik oder der Werbesprache sein. Wird etwa eine Änderung von Leistungen als „Dynamisierung“ bezeichnet, so überwiegt die Vorstellung der Leistungssteigerung; das Wort „Anpassung“ ist wertneutral. Die Bezeichnung „individuelles Wohnumfeld“ weckt Assoziationen nach Art der Werbesprache. Neutral und damit der Vorschriftensprache eher angemessen ist die Bezeichnung „Wohnverhältnisse“.

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Die Wortwahl sollte zeitgemäß sein. Auf veraltete oder ungebräuchliche Ausdrücke sollte verzichtet werden (z. B. statt „Beschaffung“ besser „Kauf“, statt „Ehegatte“ besser „Ehepartner“, statt „uneheliche Kinder“ nunmehr „nichteheliche Kinder“). In neuen Stammgesetzen sollte das zeitgemäße Wort „Prozent“ der veralteten Bezeichnung „vom Hundert“ vorgezogen werden. Auf jeden Fall ist innerhalb eines Gesetzes oder einerRechtsverordnung einheitlich ein Ausdruck zu verwenden. Dies ist besonders bei Rechtsänderungen zu beachten.

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Andererseits sollen Modewörter, wie z. B. „Optimierung“, „Team“, „Aspekte“, „Modalitäten“, „multifunktional“ oder „ganzheitlich“, nicht verwendet werden.

58 

Fremdwörter sollten nicht benutzt werden. Gibt es jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch kein passendes deutsches Wort, so ist auf das Fremdwort zurückzugreifen. Hierbei ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, insbesondere darauf, in welchem Zusammenhang und gegenüber welchen Adressaten der Ausdruck verwendet wird. Fremdsprachige Texte, z. B. private Regelwerke, sind in Vorschriften grundsätzlich nur in übersetzter deutscher Fassung – unter Angabe der jeweiligen Quelle – in Bezug zu nehmen, auch wenn die Beteiligten (z. B. im Bereich des Luftverkehrsrechts) gewöhnlich den fremdsprachigen Text verwenden.

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Aussagekräftige Zeitwörter sollten nicht durch Hauptwörter verdrängt werden (sog. Nominalstil, Hauptwortphrasen). Statt „Verwendung finden“ sollte das Wort „verwenden“ im Passiv gebraucht werden, statt „zur Auszahlung bringen“ das Wort „auszahlen“ und statt „zur Anwendung bringen“ das Wort „anwenden“. Dies gilt nur dann nicht, wenn das Hauptwort präziser ist (z. B. „Bewilligung erteilen“ statt „bewilligen“, „Widerspruch erheben“ statt „widersprechen“).

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Auch wenn sich Hauptwörter in der deutschen Sprache beliebig lang verbinden lassen, sollten „Wortungetüme“ wie „Kellergeschoßfußboden“ oder „Schönheitsreparaturkostenpauschale“ vermieden werden. Allerdings können Wortzusammensetzungen auch der begrifflichen Differenzierung und einem ökonomischen Sprachgebrauch dienen. Folgende Fragen helfen bei der Wortwahl: Ist die Zusammensetzung eindeutig, d. h. erlaubt sie einen zweifelsfreien Rückschluß auf die aufgegliederte Umschreibung, oder ist das Verhältnis der Glieder zueinander unklar? Ist die Zusammensetzung üblich oder ist sie eine Gelegenheitsbildung? Ist sie übersichtlich oder sind einzelne Teile sehr lang oder wenig geläufig? Welche Funktion hat die Zusammensetzung im Text; kommt sie als Schlüsselbegriff häufig vor und wird daher trotz Komplexität und Länge schnell erfaßt? An welcher Stelle im Text steht die Zusammensetzung; wird sie etwa nur in der Überschrift verwendet, wo sie den Lesefluß kaum behindert?

    Beispiele:
   

statt „Datenträgerauslagen“ besser „Auslagen für Datenträger“

   

statt „Einkommenserzielungsabsicht“ besser „Absicht, Einkommen zu erzielen“

   

aber: statt „die für den Schluß eines Geschäftsjahres festgestellte Bilanz“ besser: „Jahresschlußbilanz“

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Auch in Vorschriftentexten sollte auf Abwechslung in der Wortwahl geachtet werden. Zwar kann es notwendig sein, zur Wahrung der Rechtssicherheit einheitliche Bezeichnungen zu verwenden. Dies muß jedoch nicht zu sprachlicher Eintönigkeit führen. Wörter sollten weder gehäuft vorkommen, noch sollten verwandte Ausdrücke zusammentreffen.

    Beispiele:
   

statt: „Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben ... eine Zuzahlung ... zu leisten“

   

besser: „Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, müssen ... eine Zuzahlung leisten“

   

statt: „Mitglieder des Bundestages ... sind unbeschadet einer bereits bestehenden Versicherungspflicht verpflichtet, ...“

    besser: „Mitglieder des Bundestages ... müssen unbeschadet einer bereits bestehenden Versicherungspflicht ...“
  1.3 Besondere Hinweise zur Wortwahl in Vorschriftentexten
 
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Aus dem Vorschriftentext müssen sich sowohl die Normadressaten der jeweiligen Regelung als auch Tatbestand und Rechtsfolgen zweifelsfrei ergeben. Insbesondere muß darin klar zum Ausdruck gebracht werden, inwieweit dem Bürger ein bestimmtes Verhalten erlaubt, geboten oder verboten wird. Es muß z. B. deutlich werden, ob es sich um zwingende oder vertraglich abdingbare Regelungen handelt, ob die Verwaltung in ihrem Handeln gebunden oder ob ihr ein (freies oder eingeschränktes) Ermessen eingeräumt werden soll.

63 

Bei der Formulierung von Geboten und Verboten ist darauf zu achten, daß diese – wenn sie straf- oder bußgeldbewehrt werden sollen – im Hinblick auf Artikel 103 Abs. 2 des Grundgesetzes hinreichend bestimmt sind. Dazu sind Leitsätze „Zur Ausgestaltung von Straf- und Bußgeldvorschriften im Nebenstrafrecht“, d. h. außerhalb des Strafgesetzbuches und des Ordnungswidrigkeitengesetzes, entwickelt worden (Rn. 36).

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Bei der Verwendung des Wortes „können“ ist Vorsicht geboten, da dieses Wort verschiedene Bedeutungen haben kann. Gemeinsprachliche und fachsprachliche Bedeutung fallen auseinander. In verwaltungsrechtlichen Vorschriften wird mit dem Wort „können“ ausgedrückt, daß der Verwaltung Ermessen eingeräumt wird („Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn ...“). Soll die Behörde in ihrer Entscheidung gebunden werden oder geht es um Verbote und Gebote, darf das Wort „können“ nicht verwendet werden. Statt dessen sind die Formulierungen „müssen“, „sind (haben) zu ...“ oder „dürfen nicht“ zu wählen („Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn ...“). Die Verpflichtung einer Behörde kann auch mit dem imperativen Präsens ausgedrückt werden („Die zuständige Behörde erteilt ..., übersendet ...“).

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Das Wort „sollen“ kann ebenfalls zu Unklarheiten führen. Wird ein verbindliches Verhalten z. B. für den Bürger oder die Verwaltung vorgeschrieben oder geht es um Verbote oder Gebote, dann darf das Wort „sollen“ nicht verwendet werden. Es muß in diesen Fällen auf eine präzise Wortwahl geachtet werden, damit die Regelung genau und eindeutig ist.

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Auch bei dem Wort „gelten“ ist Vorsicht geboten, da es verschiedene Bedeutungen haben kann. Im laufenden Regelungstext kann das Wort „gelten“ eine gesetzliche Fiktion, eine unwiderlegliche oder widerlegliche Vermutung oder eine Verweisung bedeuten. Es muß deshalb sorgfältig darauf geachtet werden, daß Wortwahl und Regelung eindeutig sind. Bei einer Verweisung kann z. B. „ist entsprechend anzuwenden“ und bei einer Vermutung „es wird vermutet“ formuliert werden.

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Schon die sprachliche Gestaltung soll erkennen lassen, wer die Darlegungs- und Beweislast zu tragen hat. Ein Konditionalsatz, der mit „wenn nicht“, „soweit nicht“, „sofern nicht“ und „solange nicht“ beginnt, enthält eine Ausnahmeregelung. Darin liegt zugleich eine Regelung der Darlegungs- und Beweislast. Die Darlegungs- und Beweislast kann aber auch ausdrücklich festgelegt werden.

68 

Wenn als Stichtag ein bestimmter Tag bezeichnet werden soll, wird z. B. formuliert „die am 1. Dezember 1998 geltende Fassung des ... Gesetzes“.

 

Meist soll der Stichtag einen Einschnitt kennzeichnen, z. B. den Wechsel vom alten zum neuen Recht, und damit den Beginn oder das Ende eines Zeitraumes markieren. Die Formulierung muß dann eindeutig zum Ausdruck bringen, ob der genannte Stichtag einbezogen wird in den jeweiligen Zeitraum, der mit diesem Tag beginnt oder endet („mit Beginn des ...“, „mit Ablauf des ...“, „vor dem ...“).

 

Wird als Stichtag der erste oder letzte Tag eines Monats oder Jahres gewählt, ergibt sich bereits aus dem Zusammenhang, welcher Zeitpunkt gemeint ist. Der Zeitraum, der durch die Formulierung „bis zum 31. Dezember 1998“ oder „bis 31. Dezember 1998“ bestimmt wird, endet am 31. Dezember 1998, 24 Uhr. Dasselbe bedeutet auch die Formulierung „bis zum 1. Januar 1999“ oder „bis 1. Januar 1999“. Denn auch hier ist selbstverständlich, daß der Einschnitt nicht erst auf den 1. Januar 1999, 24 Uhr, festgelegt werden soll. Der Zeitraum, der durch die Formulierung „ab dem 1. Januar 1999“ oder „ab 1. Januar 1999“ bezeichnet wird, beginnt am 1. Januar 1999, 0 Uhr. Gleiches gilt für die Formulierung „vom 1. Januar 1999... (bis zum 31. Januar 1999)“.

 

Ausnahmsweise erschließt sich auch bei Stichtagsregelungen, die nicht an den ersten oder letzten Tag eines Monats oder Jahres anknüpfen, ohne weiteres aus dem Zusammenhang, welcher Zeitpunkt gemeint ist. Dies trifft etwa auf Stichtagsregelungen zu, die an den 3. Oktober 1990 anknüpfen, den Tag der Wiedervereinigung Deutschlands. Einschnitt ist hier jeweils der 3. Oktober 1990, 0 Uhr.

69 

Auch bei der Formulierung von Inkrafttretens- und Außerkrafttretensvorschriften ist auf präzise Angaben zu achten. Die Bestimmung des Inkrafttretens „am ...“ bedeutet das Inkrafttreten am Beginn des genannten Tages. Ist für das Außerkrafttreten der letzte Tag eines Monats oder Jahres bestimmt („... tritt am 31. Dezember 1998 außer Kraft“), dann tritt die Vorschrift oder das Gesetz an dem genanntenTag, 24 Uhr, außer Kraft. Denn dann soll der Einschnitt in rechtlicher Hinsicht mit dem Wechsel des Datums erfolgen. Ist umgekehrt das Außerkrafttreten für den ersten Tag eines Monats oder Jahres bestimmt („... tritt am 1. Januar 1999 außer Kraft“), so bezeichnet diese Formulierung als maßgeblichen Zeitpunkt den genannten Tag, 0 Uhr. Soll eine Vorschrift dagegen an einem Datum außer Kraft treten, das nicht der erste oder letzte Tag eines Monats oder Jahres ist, so ist z. B. zu formulieren „... tritt mit Ablauf des 28. Juni 1999 außer Kraft“.

 

Soll die Bestimmung über das Außerkrafttreten einer Regelung mit der Bestimmung über das zeitgleiche Inkrafttreten einer anderen Regelung verbunden werden, so werden Inkrafttretens- und Außerkrafttretensvorschrift mit dem Wort „gleichzeitig“ verknüpft (z. B. bei Ablösungsgesetzen, Rn. 524 ff.). Maßgeblicher Zeitpunkt für das Außerkrafttreten der einen und das Inkrafttreten der anderen Regelung ist dann der genannte Tag, 0 Uhr.

70 

Das Verhältnis mehrerer Regelungen zueinander kann ebenfalls sprachlich klar gefaßt werden. Soll zum Ausdruck gebracht werden, daß eine Regelung zu einem bestimmten Bereich (z. B. zur Kostenerhebung) nachrangig ist, kann formuliert werden „... soweit nicht in anderen Gesetzen (Kosten-)Regelungen enthalten sind“, „(Kosten-)Regelungen anderer Gesetze gehen vor“ oder „(Kosten-)Regelungen anderer Gesetze bleiben unberührt“. Die Formulierung kann auch stärker auf den konkreten Fall zugeschnitten werden: „... soweit nicht nach anderen Gesetzen Kosten erhoben werden“. Die in Bezug genommenen Regelungen müssen hinreichend genau bestimmt sein.

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Um einzelne Elemente einer Vorschrift zu erläutern oder zu konkretisieren, können Zusätze eingefügt werden, die mit „insbesondere“, „zum Beispiel“ oder „beispielsweise“ beginnen. Diese Einleitungen werden verwendet, wenn auch andere gleichartige Fälle, die nicht im Zusatz genannt werden, von der Vorschrift erfaßt werden sollen.

    Beispiele:
   

Dieses Gesetz betrifft auch Ansprüche an Vermögenswerten sowie Nutzungsrechte, die auf Grund unlauterer Machenschaften, zum Beispiel durch Machtmißbrauch, Korruption, Nötigung oder Täuschung von seiten des Erwerbers, staatlicher Stellen oder Dritter, erworben wurden.

   

Die Konformitätserklärung hat insbesondere Angaben zu enthalten über:

   
1.

Name und Anschrift des Herstellers oder seines Vertreters,

2.

Beschreibung des Bauprodukts,

3.

...

4.

...

5.

Namen und Anschriften der Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen,

6.

Name und Funktion der Person, die zur Unterzeichnung ... ermächtigt ist.

   

In Feuerungsanlagen ... dürfen nur die folgenden Brennstoffe eingesetzt werden: ...

   
4.

naturbelassenes stückiges Holz einschließlich anhaftender Rinde, beispielsweise in Form von Scheitholz oder Hackschnitzeln, sowie Reisig und Zapfen,

5.

naturbelassenes nicht stückiges Holz, beispielsweise in Form von Sägemehl, Spänen, Schleifstaub oder Rinde, ...

72 

Die Konjunktionen „wenn“ und „soweit“ leiten Bedingungssätze ein, jedoch mit folgendem Unterschied: „Wenn“ und „falls“ drücken eine uneingeschränkte oder absolute Bedingung aus; sie schließen die Folge ganz aus oder lassen die Folge ganz zu. Eröffnet die Bedingung einen Spielraum, gilt sie und damit auch die Folge nur in einem gewissen Maß, so werden die einschränkenden Konjunktionen „soweit“ oder „sofern“ gebraucht. „Soweit“ und „sofern“ sollten immer durch „in dem Maße, wie“ ersetzt werden können.

73 

Das Wort „und“ ist immer dann zu verwenden, wenn

  a) in einer Rechtsvorschrift verschiedene Voraussetzungen kumulativ festgelegt werden sollen oder
  b) an einen Tatbestand verschiedene Rechtsfolgen kumulativ angeknüpft werden sollen.
 

Die einzelnen Glieder einer Aufzählung können auch durch Kommata voneinander getrennt werden. In diesem Fall steht vor dem letzten Aufzählungsglied „und“ oder „sowie“, um den kumulativen Charakter der Aufzählung eindeutig zu machen.
Kommt das Wort „und“ schon innerhalb mehrteiliger Aufzählungsglieder vor, wird das letzte Glied der Aufzählung mit „sowie“ angeschlossen.

    Beispiel:
   

Für Mindestbetrag und Teilbarkeit von Kapital, Einlagen und Geschäftsanteilen sowie für den Umfang des Stimmrechts bleiben bis zu einer Kapitaländerung nach Satz 4 die bis dahin gültigen Beträge weiter maßgeblich.

74 

Für die Übersichtlichkeit von Aufzählungen empfiehlt es sich häufig, die einzelnen Aufzählungsglieder in Form einer Liste zu fassen und zu numerieren (vgl. Rn. 90). Bei solchen Aufzählungen, die listenförmig und durchnumeriert außerhalb des Satzverbandes stehen, kann die Konjunktion vor dem letzten Aufzählungsglied weggelassen werden, wenn sich der kumulative Charakter der Aufzählung eindeutig aus dem Einleitungssatz ergibt.

    Beispiel:
   

Die Hausarbeit soll mindestens folgende Bestandteile aufweisen:

   
1.

Einführung in die Projektarbeit und Konzeption,

2.

Aufgaben des Personals und anderer Personen bei der Vorbereitung und Realisierung des Projekts,

3.

Arbeits- und Personalplanung,

...

7.

Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit,

8.

Nachbereitung.

75 

Das Wort „oder“ ist immer dann zu verwenden, wenn

  a) in einer Rechtsvorschrift verschiedene Voraussetzungen festgelegt werden sollen oder
  b) an einen Tatbestand Rechtsfolgen in der Weise angeknüpft werden, daß jeweils nur eine von ihnen eintreten soll.
 

Werden die einzelnen Voraussetzungen oder Rechtsfolgen durch Kommata voneinander getrennt, muß das Wort „oder“ vor die letzte Voraussetzung oder Rechtsfolge gesetzt werden. Dies gilt auch bei listenförmiger Anordnung der Aufzählung.

76 

Die Verknüpfungen „und/oder“ und „bzw.“ sind zu unbestimmt und deshalb nicht zu verwenden.

77 

Bei der negativen Umschreibung eines mehrgliedrigen Tatbestandes ist klarzustellen, ob eine alternative oder eine kumulative Verknüpfung der Glieder gemeint ist.

    Beispiel:
   

statt: „Der Erhöhungssatz ermäßigt sich ... bei Wohnraum, der nicht mit einer Zentralheizung und einem Bad ausgestattet ist.“ (Tritt die Rechtsfolge ein bei Wohnraum ohne Zentralheizung oder bei Wohnraum ohne Bad? Oder bei Wohnraum, der weder mit einer Zentralheizung noch mit einem Bad ausgestattet ist?)

   

besser: „Der Erhöhungssatz ermäßigt sich ... bei Wohnraum, bei dem die Zentralheizung oder das Bad oder beide Ausstattungsmerkmale fehlen.

  1.4 Hinweise zur Satzlänge und zum Satzbau
 
78 

Eine entscheidende Erfahrung lautet: Kürzere Sätze sind leichter zu verstehen als längere Sätze. Das Kurzzeitgedächtnis ist gewöhnlich in der Lage, Sätze mit bis zu 22 Wörtern zu erfassen. Diese sog. große mittlere Satzlänge sollte daher beim Verfassen von Vorschriften als Anhaltspunkt ernst genommen werden. Wenn längere Sätze gebildet werden, so sollten sie besonders klar gebaut sein. Die folgenden Hinweise zum Satzbau bieten hierfür Anhaltspunkte.

79 

Wichtige Aussagen sollten in die grammatisch entscheidenden Stellen eines Satzes (z. B. Subjekt oder Objekt) gerückt werden. Die Kernaussage sollte möglichst am Anfang des Satzes stehen. Dies kann vielfach bereits dadurch erreicht werden, daß das Prädikat möglichst weit vorn steht. Nebensätze sollten nach Möglichkeit nach dem Prädikat des Hauptsatzes stehen.

    Beispiel:
   

statt: „Die zuständige Behörde kann gegenüber Zertifizierungsstellen Maßnahmen zur Sicherstellung der Einhaltung dieses Gesetzes und der Rechtsverordnung treffen.“

   

besser: „Die zuständige Behörde kann gegenüber Zertifizierungsstellen Maßnahmen treffen, die die Einhaltung dieses Gesetzes und der Rechtsverordnung sicherstellen.“

80 

Ein Satz sollte nach Möglichkeit nur einen Gedanken zum Ausdruck bringen. Lange Satzgefüge, die aus Hauptsatz und mehreren ineinander geschobenen Nebensätzen bestehen (Schachtelsätze), sollten in mehrere Hauptsätze oder kürzere Satzgefüge aufgelöst werden. Dann kann beim Lesen eine Aussage nach der anderen aufgenommen werden.

    Beispiel:
   

statt: „Das Übergangsgeld wird für die Zeit, die der Beamte das Amt, aus dem er entlassen worden ist, innehatte, mindestens für die Dauer von sechs Monaten, längstens für die Dauer von drei Jahren, gewährt.“

   

besser: „Das Übergangsgeld wird für die Zeit gewährt, die der Beamte das Amt innehatte, aus dem er entlassen worden ist; es wird mindestens für sechs Monate, längstens für drei Jahre gewährt.

   

statt: „Zur Gültigkeit eines Beschlusses der Innungsversammlung ist erforderlich, daß der Gegenstand bei ihrer Einberufung bezeichnet ist, es sei denn, daß er in der Innungsversammlung mit Zustimmung von drei Vierteln der erschienenen Mitglieder nachträglich auf die Tagesordnung gesetzt wird, sofern es sich nicht um einen Beschluß über eine Satzungsänderung oder Auflösung der Handwerksinnung handelt.“

   

besser: „Ein Beschluß der Innungsversammlung ist nur gültig, wenn der Gegenstand bei ihrer Einberufung benannt war oder drei Viertel der erschienenen Mitglieder zustimmen, den Gegenstand nachträglich auf die Tagesordnung zu setzen. Satzungsänderungen oder die Auflösung der Handwerksinnung können nicht nachträglich auf die Tagesordnung gesetzt werden.

 

Satzgefüge lassen sich auch verkürzen, indem ein Nebensatz in einen Teil des Hauptsatzes verwandelt wird („innerhalb eines Monats nach Vorlage“ statt „innerhalb eines Monats, nachdem ... vorgelegt worden ist“).

81 

Sätze, deren Grundgerüst mit zu vielen Satzgliedern überfrachtet ist, überfordern das Kurzzeitgedächtnis. Häufig werden solche „Stopfsätze“ über Substantivketten ausgebaut. Diese sollten nicht zu komplex sein.

    Beispiele:
   

statt: „... daß die Möglichkeit des Eintritts des Versicherungsfalls schon ausgeschlossen ist.“

   

besser: „..., daß der Versicherungsfall nicht mehr eintreten kann.“

   

statt: „Die Pflegedienste haben mit Einverständnis des Pflegebedürftigen der zuständigen Pflegekasse die bei dem Pflegeeinsatz gewonnenen Erkenntnisse zur Qualität der Pflegesituation und zur Notwendigkeit einer Verbesserung mitzuteilen.“

   

besser: „Die Pflegedienste haben mit Einverständnis des Pflegebedürftigen die zuständige Pflegekasse nach dem Pflegeeinsatz über die Qualität der häuslichen Pflege und über notwendige Verbesserungen zu unterrichten.“

   

oder: „Die Pflegedienste haben die zuständige Pflegekasse nach dem Pflegeeinsatz über die Qualität der häuslichen Pflege und über notwendige Verbesserungen zu unterrichten. Die Pflegebedürftigen müssen hiermit einverstanden sein.

82 

Schwer verständlich sind auch sog. Substantivklammern, bei denen zwischen Artikel, Pronomen oder Zahlwort einerseits und zugehöriges Substantiv andererseits weitere Satzglieder eingeschoben werden. Wenn die eingeschobenen Satzglieder sehr umfangreich sind, sollten sie besser als Relativsatz dem Substantiv nachgestellt werden.

    Beispiele:
   

statt: „... und ob die sich sonst aus der Anerkennung oder den Auflagen ergebenden Pflichten erfüllt werden.“

   

besser: „... und ob die Pflichten erfüllt werden, die sich aus der Anerkennung oder den Auflagen ergeben.“

   

statt: „...wird in der Folgezeit eine als Tatwaffe in Frage kommende Waffe sichergestellt ...“

   

besser: „... wird in der Folgezeit eine Waffe sichergestellt, die als Tatwaffe in Frage kommt ...“

83 

Auch die Teile des Prädikats können im deutschen Satz weit auseinandertreten. Sie bilden dann eine Klammer, die andere Satzglieder umschließt (Verb- oder Satzklammer). Dagegen steht in Nebensätzen das Prädikat mit allen Teilen am Satzende. Auch hier stehen die anderen Satzglieder in einer Klammer, nämlich zwischen dem Einleitewort des Nebensatzes und dem Prädikat. In beiden Fällen ist darauf zu achten, daß die umklammerten Satzglieder nicht zu umfangreich sind. Vielfach können eingeschobene Satzglieder ins Nachfeld des Satzes oder in einen eigenen Satz gestellt werden.

    Beispiele:
   

statt: „Der Medizinische Dienst hat Maßnahmen zur Rehabilitation, Art und Umfang von Pflegeleistungen sowie einen individuellen Pflegeplan zu empfehlen.“

   

besser: „Der Medizinische Dienst empfiehlt Maßnahmen zur Rehabilitation ...“

   

statt: „... wird ein Ausschuß ... gebildet, dem die beteiligten Bundesressorts, die zuständigen obersten Landesbehörden, die kommunalen Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung, der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen, der Verband der privaten Krankenversicherung e. V. und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege angehören.“

   

besser: „... wird ein Ausschuß ... gebildet. Ihm gehören an: ...“

84 

Die Wiederholung von Substantiven kann vermieden werden, indem Pronomen (z. B. „dies“, „er“, „dessen“, „solche“) oder sog. Pronominaladverbien (= Umstandsfürwörter wie „dabei“, „hierdurch“) sinnvoll eingesetzt werden.

85 

Erläuternde Zusätze, die eingeleitet werden etwa durch „beispielsweise“, „insbesondere“, „namentlich“, „nämlich“, „vor allem“, „und zwar“, „zum Beispiel“, sollten in einen eigenen Satz gestellt werden, wenn sie eine gewisse Länge überschreiten.

    Beispiel:
   

statt: „Die Pflegekassen haben die Versicherten und ihre Angehörigen in den mit der Pflegebedürftigkeit zusammenhängenden Fragen, insbesondere über die Leistungen der Pflegekassen sowie über Leistungen und Hilfen anderer Träger, zu unterrichten und zu beraten.“

   

besser: „Die Pflegekassen haben die Versicherten und ihre Angehörigen in den mit der Pflegebedürftigkeit zusammenhängenden Fragen zu unterrichten und zu beraten. Dies betrifft insbesondere die Leistungen der Pflegekassen sowie die Leistungen und Hilfen anderer Träger.“

86 

Wenn Infinitivsätze verwendet werden, ist auf den richtigen Bezug zwischen Hauptsatz und Infinitivkonstruktion zu achten. Anderenfalls kann das Verständnis erschwert oder die Normaussage verfälscht werden. Oft ist es besser, den Infinitivsatz durch einen Nebensatz mit „daß“ oder „damit“ zu ersetzen.

    Beispiel:
   

„Die Leistungsträger haben darauf hinzuwirken, die Pflegebedürftigkeit zu überwinden.“

   

Gemeint ist: „... daß die Pflegebedürftigkeit überwunden wird.“

87 

Je nachdem, ob das Prädikat im Aktiv oder im Passiv steht, werden die Handelnden oder das Handlungsziel mehr hervorgehoben. Passivische Formulierungen sind häufig kürzer, da der Handlungsträger weggelassen werden kann; das Handlungsziel, das Objekt der Handlung steht im Vordergrund. Die Handlung selbst nimmt eher den Charakter eines anonymen Vorgangs an. Dagegen sind aktivische Formulierungen meistens konkreter und unmittelbarer. Die Handlung, ihr Träger und ihr Ziel kommen deutlich zum Ausdruck. Es sollte daher aktivisch formuliert werden, wenn es aus Gründen der Rechtssicherheit notwendig ist, klarzustellen, wer gehandelt hat oder wer handeln soll. Aktivisch formuliert werden sollte auch in solchen Fällen, in denen bei passivischer Verbform der Hinweis auf den Handelnden mit „von“, „durch“ oder „seitens“ angeschlossen würde und komplizierte oder mehrdeutige Satzkonstruktionen entstünden.

    Beispiele:
   

statt: „Diese Kosten sind dem Arbeitgeber auf Antrag von der Innung zu erstatten.“

   

besser: „Die Innung erstattet dem Arbeitgeber diese Kosten auf Antrag.“ (Diese Formulierung macht das verpflichtete Organ zum Subjekt des Satzes und beseitigt zugleich die Mehrdeutigkeit, ob die Innung den Antrag zu stellen oder die Kosten zu erstatten hat.)

   

statt: „Der Aufbau des Bundesamtes für Güterverkehr wird durch das Bundesministerium für Verkehr geregelt.“

   

besser: „Den Aufbau des Bundesamtes für Güterverkehr regelt das Bundesministerium für Verkehr.“

  1.5 Hinweise zum Textaufbau
 
88 

Der folgerichtige Aufbau und die klare Gliederung eines Textes können erheblich zum besseren Verständnis beitragen. Daher sollte bereits früh darauf geachtet werden, daß inhaltlich Zusammengehöriges zusammensteht und daß die Aussagen von der Hauptsache zu untergeordneten Sachverhalten, vom Grundsätzlichen zum Besonderen fortschreiten. Hierbei kann der inhaltliche Zusammenhang durch verknüpfende Pronomen oder Adverbien verdeutlicht werden. Die vorgegebene Gliederung von Vorschriften in Paragraph, Absatz, Nummer und Buchstabe sollte genutzt werden, um den Inhalt zu strukturieren. So liegt es nahe, für eine neue inhaltliche Aussage jeweils einen neuen Absatz vorzusehen.

89 

Überflüssiges oder für den Adressaten Selbstverständliches sollte weggelassen werden.

    Beispiele:
   

statt: „Die Vorschriften der §§ 10 und 11 sind entsprechend anzuwenden.“

   

besser: „Die §§ 10 und 11 sind entsprechend anzuwenden.“

   

statt: „ohne die mit Rücksicht auf den Familienstand gewährten Zuschüsse“

   

besser: „ohne die Zuschüsse für den Familienstand“

   

statt: „die regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens“

   

besser: „die regelmäßigen Verrichtungen des täglichen Lebens“

90 

Aufzählungen, z. B. von Rechten und Pflichten, von Voraussetzungen und Rechtsfolgen, von betroffenen Personen und Sachverhalten, sind in Gesetzestexten unerläßlich. Das Erfassen kann erleichtert werden, indem die Aufzählungsglieder listenförmig angeordnet und durchnumeriert werden (vgl. auch Rn. 74). Diese Verständnishilfe empfiehlt sich besonders, wenn mehrere längere Aufzählungsglieder hintereinanderstehen. Im Hauptsatz kann durch Pronomen (z. B. „folgende“) auf die Aufzählung vorausgewiesen werden. Sätze oder Satzteile sollten abgeschlossen werden, bevor die Aufzählung beginnt.

    Beispiel: (siehe auch die Beispiele bei Rn. 71, 74)
   

statt: „Die Leistungen der Pflegeversicherung gehen den Fürsorgeleistungen zur Pflege

   
1.

nach dem Bundessozialhilfegesetz,

2.

nach dem Lastenausgleichgesetz, dem Reparationsschädengesetz und dem Flüchtlingshilfegesetz,

3.

nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, vor.“

   

besser: „Die Leistungen der Pflegeversicherung gehen folgenden Fürsorgeleistungen zur Pflege vor:

   
1.

Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz,

2.

Leistungen nach dem Lastenausgleichgesetz, dem Reparationsschädengesetz und dem Flüchtlingshilfegesetz,

3.

Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die ...“

 

Aufzählungen im Fließtext bleiben bis zum Schluß klar und übersichtlich, wenn Artikel und Präpositionen vor den einzelnen Aufzählungsgliedern wiederholt werden.

    Beispiel:
   

statt: „Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung berichtet den gesetzgebenden Körperschaften des Bundes ... über die Entwicklung der Pflegeversicherung, den Stand der pflegerischen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland und die Umsetzung der Empfehlungen und Vorschläge des Ausschusses für Fragen der Pflegeversicherung.“

   

besser: „Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung berichtet den gesetzgebenden Körperschaften des Bundes ... über die Entwicklung der Pflegeversicherung, über den Stand der pflegerischen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland und über die Umsetzung der Empfehlungen und Vorschläge des Ausschusses für Fragen der Pflegeversicherung.“

91 

Um die Normaussage zu verdeutlichen, können auch einfache rhetorische Figuren eingesetzt werden. Beispielsweise treten inhaltliche Gemeinsamkeiten bei gleichem grammatischem Aufbau von Satzteilen oder Sätzen (sog. Parallelismus) besonders hervor. Entgegengesetzte Inhalte werden unterstrichen, indem in parallel gebauten Sätzen gegensätzliche Wörter oder Wortgruppen gegenübergestellt werden (Antithese). Eine fortschreitende inhaltliche Steigerung oder Minderung etwa in einer Aufzählung kann durch eine entsprechende steigende oder fallende Anordnung der Aufzählungsglieder (Klimax und Antiklimax) hervorgehoben werden. Die Wiederholung eines Wortes oder einer Wortgruppe am Anfang von Texteinheiten (Anapher) kann zur Gliederung eines Textes beitragen.

    Beispiele:
   

„Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ...“ (Antiklimax)

   

„Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

   
1.

einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter

a)

eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,

b)

sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person ... zu überwinden, ...“ (Parallelismus)

  1.6 Sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern
 
92 

Die Wortwahl in Gesetzen und Verordnungen ist geprägt von der Funktion der Vorschriften, abstrakt und generell Regelungen zu treffen. Wenn hierbei Personen bezeichnet werden, stimmt das grammatische Geschlecht der gewählten Personenbezeichnungen nicht immer mit dem natürlichen Geschlecht der benannten Personen überein. Denn in der Regel wird die grammatisch maskuline Form verallgemeinernd für Männer und Frauen verwendet (generisches Maskulinum), also in Fällen, in denen das Geschlecht nicht bekannt oder für den jeweiligen Zusammenhang unwichtig ist. So können mit den Bezeichnungen „der Eigentümer“, „der Verkäufer“, „der Mieter“ männliche und weibliche Personen gemeint sein. Schon wenn sich in einer Personengruppe unter vielen Frauen nur ein einziger Mann befindet, wird diese Gruppe durch ein generisches Maskulinum bezeichnet.

93 

Die Vorschriftensprache wird kritisiert, weil die Häufung maskuliner Personenbezeichnungen den Eindruck erweckt, Frauen würden übersehen oder nur „mitgemeint“. Es wird gefordert, das natürliche Geschlecht der Frauen sprachlich deutlich zu machen und sie nicht lediglich in Abhängigkeit von Männern zu bezeichnen. Frauen sollen direkt angesprochen werden.

94 

Wenn Frauen und Männer sprachlich gleich behandelt werden sollen, werden im allgemeinen verschiedene Möglichkeiten genutzt:

 

Paarformen, und zwar entweder ausgeschrieben („Bürgerinnen und Bürger“) oder als Splitting oder Sparschreibung („Antragsteller/in“, „Bürger(innen)“, „KäuferInnen“),

 

geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen („die Lehrkraft“, „die Vertrauensperson“, „das Mitglied“, „der Flüchtling“),

 

Umschreibungen, die es erlauben, auf Personenbezeichnungen zu verzichten („wer den Vorsitz führt, ...“, „als Vertretung ist bestellt ...“).

95 

In Vorschriftentexten darf die sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern jedoch nicht auf Kosten der Verständlichkeit oder der Klarheit gehen. Daher gelten für Rechtstexte folgende Grundsätze:

 

Die Personenbezeichnung muß eindeutig sein (nicht: „der Käufer und/oder die Käuferin“).

 

Der Text muß so formuliert sein, daß man ihn laut vorlesen kann.

 

Der Text muß übersichtlich bleiben.

 

Die Formulierung sollte so wenig wie möglich vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichen.

 

Diesen Grundsätzen werden die einzelnen Möglichkeiten sprachlicher Gleichbehandlung in unterschiedlichem Umfang gerecht.

96 

Eine durchgängige Verwendung von Paarformen kann Gesetzestexte unübersichtlich machen und von dem eigentlichen Regelungsinhalt ablenken. Diese Nachteile lassen sich vermeiden, wenn Paarformen nur gelegentlich verwendet und zugleich die Möglichkeiten geschlechtsneutralen Formulierens (Rn. 99 ff.) genutzt werden. Auf diese Weise bleibt präsent, daß sich Vorschriften an Männer und Frauen richten. Außerdem ist ein Vorschriftentext, der die Adressaten konkret – nämlich als Männer und Frauen – benennt, anschaulich, direkt und einprägsam. Paarformen sollten an zentralen Stellen im Vorschriftentext stehen. Dies sind etwa Überschriften oder Textstellen, wo es um Funktionen, Rechte und Pflichten einzelner Personen geht und es darum wichtig ist, zu zeigen, daß diese sowohl Männer als auch Frauen betreffen. Oft ergibt sich bei der Textgestaltung von selbst, wo Paarformen am geschicktesten eingesetzt werden können, sei es, um Frauen an geeigneter Stelle sichtbar zu machen oder um dort eine Lösung zu finden, wenn eine geschlechtsneutrale Gestaltung nicht möglich ist. Letzteres kann etwa der Fall sein, wenn es um Bezeichnungen einzelner Personen geht („die Präsidentin oder der Präsident“, „die Ministerin oder der Minister“).

97 

Der Einsatz von Paarformen schließt es nicht aus, zugleich generische Maskulina zu verwenden. Vielmehr behalten letztere, auch wenn sie mit Paarformen zusammentreffen, trotzdem ihre verallgemeinernde, geschlechtsneutrale Bedeutung, bezeichnen also Männer und Frauen. Denn aus dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Männern und Frauen (Artikel 3Abs. 2GG) folgt, daß sich Vorschriften in der Regel in gleicher Weise an Männer und Frauen richten. Für den Umkehrschluß, daß das Maskulinum, das innerhalb desselben Textes teils in Paarformen, teils alleine steht, auch außerhalb der Paarformen ausschließlich Männer bezeichne, ist somit kein Raum. Soll das Maskulinum ausnahmsweise nicht generisch verwendet werden, sollen also nur Männer gemeint sein, so ist dies z. B. durch den Zusatz „nur“ oder „ausschließlich“ zu verdeutlichen. Entbehrlich sind solche Zusätze bei Vorschriften mit geschlechtsspezifischen Inhalten, von denen nur Männer betroffen sein können (z. B. im Zusammenhang mit Wehrpflicht oder Zivildienst). Vgl. hierzu auch Rn. 103.

98 

Für Vorschriftentexte nicht geeignet ist die Sparschreibung von Paarformen: Schreibungen mit dem großen I inmitten eines Wortes („KäuferInnen“), mit Schrägstrich („Käufer/in“) oder mit Klammer („Käufer(in)“) sind nicht präzise mündlich zitierbar. Auch bedeuten sie durch den doppelten Artikel („der/die KäuferIn“) im Singular keine Vereinfachung. Schwierigkeiten ergeben sich weiter bei der Deklination („des/der Käufer/s/in“, „den Käufer(n)/innen“). Darüber hinaus bringen die Schreibungen mit Schrägstrich oder Klammer die sprachliche Gleichbehandlung von Männern und Frauen gerade nicht zum Ausdruck. Denn an die maskuline Form der Personenbezeichnung wird lediglich die unselbständige Nachsilbe angehängt, mit der die feminine Form gebildet wird.

99 

Geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen, die nichts über das natürliche Geschlecht der bezeichneten Person oder Personen aussagen, verwirklichen die Forderung nach sprachlicher Gleichbehandlung von Männern und Frauen am besten und sollten bevorzugt eingesetzt werden, um generische Maskulina zu ersetzen.

100 

Hier bieten sich folgende Bezeichnungen an:

 

Zusammensetzungen und Formulierungen mit geschlechtsneutralen Wörtern wie „Person“, „Mitglied“, „Hilfe“, „Kraft“, „Seite“, „Teil“ („eine andere Person“ statt „ein anderer“, „Vertrauensperson“ statt „Vertrauensmann“, „Ratsmitglied“ statt „Ratsherr“, „Haushaltshilfe“, „Teilzeitkraft“),

 

geschlechtsneutrale Substantive wie „Mensch“, „Opfer“, „Gast“, „Geisel“ und Zusammensetzungen auf „-ling“ („Prüfling“, „Flüchtling“),

 

geschlechtsneutrale Formen von Pronomen („alle“, „diejenigen“),

 

Gruppen-, Sach- und Vorgangsbezeichnungen, etwa Zusammensetzungen auf „-schaft“, „-personal“ oder Ausdrücke wie „Dekanat“, „Geschäftsleitung“, „Präsidium“, „Vorsitz“, „Anklage“, „Vertretung“,

 

Pluralformen von substantivierten Adjektiven („Angehörige“, „Sachverständige“) und Partizipien („Heranwachsende“, „Angestellte“), wenn eine Personengruppe benannt werden soll.

 

Pluralformen sind persönlicher als Gruppen- und Sachbezeichnungen. Sie sind jedoch dort ungeeignet, wo es um einzelne Personen geht. Allerdings ist bei substantivierten Adjektiven und Partizipien auch im Singular die maskuline und die feminine Form gleich, so daß nur der Artikel parallel verwendet werden muß („der oder die Sachverständige“, „der oder die Angestellte“, sog. Artikelsplitting).

101 

In die Suche nach einer kreativen Lösung sollten auch Formulierungen einbezogen werden, die das generische Maskulinum nicht durch einzelne Wörter ersetzen, sondern durch eine Umgestaltung des Satzes vermeiden. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten:

 

adverbiale Bestimmungen (statt „handeln als Vertreter“ besser „handeln im fremden Namen“),

 

Formulierungen mit Attributen (statt „Rat eines Arztes“ besser „ärztlicher Rat“),

 

verbale Umschreibungen, die ohnehin grundsätzlich dem Substantivstil vorzuziehen sind (statt „Rechtsnachfolger ist“ besser „in die Rechtsstellung ist eingetreten“),

 

passivische Formulierungen, wenn klar ist, wer handeln soll oder gehandelt hat (statt: „Der Antragsteller muß folgende Unterlagen beifügen: ...“ besser: „Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen: ...“; vgl. Rn. 87),

 

Relativsätze mit dem Pronomen „wer“. Zwar erfolgt der Rückbezug auf das Wort „wer“ mit maskulinen Wortformen („wer..., hat sein Recht verwirkt“). Deren Häufung läßt sich jedoch vermeiden, indem geprüft wird, ob sie nicht in eindeutigen Zusammenhängen entbehrlich sind oder durch „eigen“ ersetzt werden können.

    Beispiele:
   

statt: „Wer das Gelände betritt, hat seinen Dienstausweis vorzuzeigen.“

   

besser: „Wer das Gelände betritt, hat den Dienstausweis vorzuzeigen.“

   

statt: „Wer sein Haus nicht abschließt, ...“

   

besser: „Wer das eigene Haus nicht abschließt, ...“

102 

Welche Formulierung nach fachlichen und sprachlichen Gesichtspunkten vorzuziehen ist, läßt sich jeweils nur für die einzelne Vorschrift im konkreten Regelungszusammenhang beurteilen. Am ehesten gelingt es, geschlechtergerecht und zugleich fachlich und sprachlich einwandfrei zu formulieren, wenn geschlechtsneutrale Gestaltungsmöglichkeiten ausgeschöpft und dabei Paarformen geschickt eingesetzt werden. Sprachlichen Rat – auch speziell in diesen Fragen – gibt der Redaktionsstab der Gesellschaft für deutsche Sprache beim Deutschen Bundestag (vgl Rn. 38). Hilfestellungen bieten weiter die „Fingerzeige für die Gesetzes- und Amtssprache“ in Kapitel 5 („Frauen und Männer in der Sprache“) sowie das Merkblatt M 19 „Sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern“, herausgegeben vom Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Büroorganisation und Bürotechnik (BBB) –, 1. Auflage 1996 (vgl. Rn. 39).

103 

Vorschriften, die sich nur auf Frauen (z. B. in der Schwangerschaft, im Mutterschutz) oder nur auf Männer (z.B. als Wehrpflichtige) beziehen, werden geschlechtsspezifisch formuliert. Regelungen, die ausschließlich Frauen oder ausschließlich Männer betreffen, sollten von solchen Regelungen getrennt werden, die sich auf Männer und Frauen gleichermaßen beziehen.

    Beispiel:
   

Bei der Berechnung der Höchstdauer des Studiums bleiben Zeiten außer Betracht, während deren

   
1.

Studierende wegen Krankheit,

2.

Studentinnen wegen Schwangerschaft oder Mutterschutz,

3.

Studenten wegen Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes am Studium gehindert waren.

104 

Soweit es um Berufs-, Amts- und Funktionsbezeichnungen geht, sollten die entsprechenden Gesetze und Rechtsverordnungen die für Frauen zutreffenden Bezeichnungen ausdrücklich festlegen.

    Beispiele:
   

Wer eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Diätassistent“ oder „Diätassistentin“ ausüben will, bedarf der Erlaubnis.

   

Ausübung des ärztlichen Berufs ist die Ausübung der Heilkunde unter der Berufsbezeichnung „Arzt“ oder „Ärztin“.

105 

Soweit die Gestaltung und Wortwahl für Formulare (z. B. Anträge) und persönliche Dokumente (z. B. Ausweise, Pässe, Urkunden) durch Rechtsvorschriften festgelegt sind, muß darauf geachtet werden, daß die verwendeten Wörter auch für Frauen zutreffen. Dies kann durch geschlechtsneutrale Formulierungen geschehen („Unterschrift“ statt „Unterschrift des Inhabers“) oder – wenn dies nicht möglich ist – durch Paarformen mit ausgeschriebenen Bezeichnungen für Männer und Frauen („Unterschrift des Inhabers oder der Inhaberin“). Sind im Einzelfall Paarformen, bei denen die unzutreffende Form gestrichen wird, nicht möglich oder nicht erwünscht (z. B. in Urkunden), so sind diese Dokumente gesondert für Männer und Frauen auszustellen. Auch bei Eidesformeln muß auf die für Frauen zutreffende Wortwahl geachtet werden.

106 

Berufs-, Amts- und Funktionsbezeichnungen, die auf „-mann“ enden, z. B. „Wahlmann“, „Obmann“, „Ersatzmann“, „Vertrauensmann“, „Kaufmann“, „Zimmermann“, „Seemann“, „Feuerwehrmann“, „Schiedsmann“, „Fachmann“, „Amtmann“, erwecken den falschen Eindruck, daß die so benannten Berufe, Ämter und Funktionen in erster Linie oder ausschließlich für Männer in Betracht kommen und Frauen nicht offenstehen. Außerdem sind diese Bezeichnungen in der konkreten Anwendung für Frauen unzumutbar. Sie sollten deshalb bei Gesetzesänderungen durch geschlechtsneutrale Ausdrücke (z. B. „Ersatzperson“, „Vertrauensperson“) ersetzt oder um entsprechende Bezeichnungen auf „-frau“ („Amtfrau“, „Kauffrau“) ergänzt werden.

  1.7 Schreibweisen, Abkürzungen
 
107 

Die folgenden Empfehlungen beruhen zum Teil auf ausdrücklichen Bestimmungen der GGO II, die jeweils angegeben werden. Zum Teil haben sie sich in der Rechtsetzungspraxis so herausgebildet. Im Interesse eines einheitlichen Erscheinungsbildes aller Rechtsvorschriften sollten sie sorgfältig beachtet werden. Abweichungen können unter Umständen gerechtfertigt sein, um das einheitliche Erscheinungsbild eines einzelnen Gesetzes oder einer einzelnen Rechtsverordnung zu wahren. Dies kann z. B. notwendig sein, wenn Änderungen formuliert werden, die in „alte“ Vorschriftentexte eingefügt werden.

108 

Bei der Schreibweise von Zahlen ist folgendes zu beachten: Eine Ziffer ist ein Zeichen für eine Zahl. Es gibt zehn arabische Ziffern (0 bis 9) und sieben römische Ziffern (I, V, X, L, C, D, M). Die Zahl 15 besteht also aus den arabischen Ziffern 1 und 5, die Zahl IX aus den römischen Ziffern I und X.

109 

Zahlen bis einschließlich zwölf werden, wenn sie als Grund- und Ordnungszahlen verwendet werden, in Wörtern, die Zahlen ab 13 aufwärts in Ziffern ausgedrückt.

    Beispiel:
   

In allen Dienststellen, die in der Regel mindestens fünf Wahlberechtigte beschäftigen, von denen drei wählbar sind, werden Personalräte gebildet. Nicht wählbar sind Beschäftigte, die wöchentlich regelmäßig weniger als 18 Stunden beschäftigt sind.

 

Die Zahl 1 kann als Ziffer geschrieben werden, wenn die Unterscheidung von dem unbestimmten Artikel „ein“ dies erfordert.

110 

Mit Ziffern werden Uhrzeiten, Prozentzahlen, technische Daten und schematische Aufzählungen ausgedrückt.

    Beispiel:
   

§ 1 Abs. 3 des Zeitgesetzes:

   

„(3) Die koordinierte Weltzeit ist bestimmt durch eine Zeitskala mit folgenden Eigenschaften:

   
1.

Sie hat am 1. Januar 1972, 0 Uhr, dem Zeitpunkt 31. Dezember 1971, 23 Uhr 59 Minuten 59,96 Sekunden, der mittleren Sonnenzeit des Nullmeridians entsprochen.

2.

...“

111 

Bruchteile werden in Wörtern geschrieben, wenn sie im laufenden Text verwendet werden.

    Beispiele:
   

Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages.

   

Bedarf der Beschluß der Hauptversammlung einer qualifizierten Mehrheit (Zweidrittel- oder Dreiviertelmehrheit), ...

   

Bei der Berechnung des Wertes für kürzere Zeiträume als einen Monat ist für jeden Tag ein Dreißigstel des Wertes ... zugrunde zu legen.

112 

Das Verhältnis zweier Größen zueinander kann wie folgt angegeben werden:

   

„Das Verhältnis Vitamin B 12 zu Mannit (E 421) darf nicht kleiner als 1:1 000 sein.“

113 

Wörter, die aus einer Zahl und einer Nachsilbe gebildet sind, werden zusammengeschrieben („achtfach“, „achtmal“). Dies gilt auch, wenn die Zahl in Ziffern geschrieben wird („27fach“). Die Zahl sollte ausgeschrieben werden, wenn das so gebildete Wort übersichtlich und lesbar bleibt.

    Beispiel:
   

...; in dieser Tabelle ist ... jeweils die Einkommensteuer auszuweisen, die sich aus dem Zweifachen des Unterschiedbetrages zwischen dem Steuerbetrag für das Eineinviertelfache und dem Steuerbetrag für das Dreiviertelfache des abgerundeten zu versteuernden Einkommens ... ergibt.

114 

Zahlen mit mehr als drei Stellen werden, vom Dezimalzeichen ausgehend, durch Zwischenräume in Gruppen zu je drei Ziffern getrennt. Punkte werden zur Gruppeneinteilung nicht verwendet.

    Beispiel:
   

Die Statistik erfaßt alle zwei Jahre, das nächste Mal 1980, bei höchstens 80 000 Betrieben des produzierenden Gewerbes und der Krankenhäuser Art, Menge und Beseitigung von Abfällen.

115 

Beim Datum werden einstellige Tageszahlen ohne vorangestellte Null geschrieben. Monatsnamen sind – ausgenommen in Tabellen – immer auszuschreiben. Die Jahreszahl ist vierstellig anzugeben (Beispiel: „Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1990 in Kraft“).

116 

Geldbeträge werden in Ziffern ausgedrückt. Für runde Beträge in Millionen- oder Milliardenhöhe gilt dies nur bei Verwendung in Tabellen. Werden runde Millionen- oder Milliardenbeträge im laufenden Text einer Rechtsvorschrift angegeben, so werden die Wörter „Millionen“ und „Milliarden“ ausgeschrieben. Dies gilt nicht für die Haushaltsgesetze. Die Anzahl der Millionen oder Milliarden wird in Ziffern gemäß Rn. 109 ausgedrückt. Bei Rechtsänderungen ist unter Berücksichtigung des vorhandenen Textes auf ein einheitliches Erscheinungsbild zu achten. Werden aus diesem Grund ausnahmsweise Geldbeträge in Wörtern ausgedrückt, so ist zu beachten, daß das Zahlwort „ein“ wie der unbestimmte Artikel dekliniert wird.

    Beispiel:
   

Der Mindestnennwert einer Aktie muß einen Euro betragen.

117 

In Bußgeldvorschriften wird die Höhe der Geldbuße stets in Wörtern ausgedrückt (vgl. die Leitsätze „Zur Ausgestaltung von Straf- und Bußgeldvorschriften im Nebenstrafrecht“, Rn. 36).

118 

Bei der Angabe von Geldbeträgen wird die Bezeichnung der Währung dem Betrag nachgestellt. Die Währungsbezeichnungen „Deutsche Mark“ und „Euro“ werden ausgeschrieben. Sie können in Tabellen und Vordrucken abgekürzt werden („DM“, „EUR“). Bei der Angabe „Pfennig“ kann die Beifügung „Deutsche“ weggelassen werden („Der Packungspreis ist auf volle Deutsche Mark und Pfennig zu bestimmen“). Innerhalb von Betragsangaben bleiben die Währungsbezeichnungen unverändert im Singular, auch wenn sie Beträge größer als 1 bezeichnen („zehn Pfennig“, „50 Euro“). Bei Geldbeträgen, die auf volle Deutsche Mark oder volle Euro lauten, werden leere Dezimalstellen nicht angegeben („Das Pflegegeld beträgt 276 Deutsche Mark monatlich“).

119 

Sollen Zahlen gerundet, d. h. durch einen Näherungswert ersetzt werden, so ist anzugeben, auf welche Einheit und nach welchen Regeln gerundet werden soll.

    Beispiele:
   

Beträge ..., die nicht volle Deutsche Mark ergeben, sind bis zu 0,49 Deutsche Mark abzurunden und von 0,50 Deutsche Mark an aufzurunden.

   

Der Hubraum ist wie folgt zu berechnen:

   
1.

...

2.

Die Werte für Bohrung und Hub werden in Millimeter eingesetzt, wobei auf die erste Dezimalstelle hinter dem Komma auf- oder abzurunden ist.

3.

Der Hubraum ist auf volle Kubikzentimeter auf- oder abzurunden.

4.

Folgt der zu rundenden Stelle eine der Ziffern 0 bis 4, so ist abzurunden, folgt eine der Ziffern 5 bis 9, so ist aufzurunden.

   

Angefangene Stunden, die sich bei der Summe der Lade- und der Löschzeiten ergeben, sind auf volle Stunden aufzurunden.

120 

Die Absätze eines Paragraphen oder Artikels sind gemäß § 33 Abs. 1 Satz 6 GGO II wegen der besseren Übersichtlichkeit einzurücken und mit vorgesetzten eingeklammerten arabischen Zahlen zu versehen.

121 

Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 4 und 5 GGO II können innerhalb der Paragraphen, Artikel und Absätze Nummern gebildet werden. Buchstaben sollen nur als Untergliederung von Nummern verwendet werden. Das Wort „Ziffer“ soll gemäß § 34 Abs. 1 Satz 5 GGO II nicht verwendet werden.

122 

Bei Aufzählungen ist zur besseren Zitierbarkeit folgendes zu beachten: Die einzelnen Aufzählungsglieder sollten nicht mit Spiegelstrichen, sondern mit Nummern oder Buchstaben gekennzeichnet werden. Der Satz, der die Aufzählung einleitet, sollte nicht erst nach der Aufzählung, sondern vor deren Beginn geschlossen werden (siehe das Beispiel bei Rn. 90). Die einzelnen Aufzählungsglieder sollten aus höchstens einem Satz bestehen.

123 

Werden bei späteren Einfügungen für die Zählung (etwa von Paragraphen oder Artikeln) Buchstabenzusätze verwendet, so ist der Buchstabe ohne Leerzeichen an die arabische Zahl anzuschließen: „§ 27a“.

124 

Abkürzungen werden grundsätzlich nicht verwendet. Auszuschreiben sind daher „im Sinne des“, „in Verbindung mit“, „in der Fassung vom“, „zum Beispiel“, „Abschnitt“, „Kapitel“, „Halbsatz“. Sind Abkürzungen in Tabellen oder Übersichten unverzichtbar, so ist dort, wo die Abkürzung zum ersten Mal verwendet wird, das Wort voll auszuschreiben und die Abkürzung in Klammern dahinter zu setzen. Dies ist nur dann nicht notwendig, wenn die Abkürzung im Hinblick auf einen bestimmten Adressatenkreis als allgemein bekannt vorausgesetzt werden kann.

125 

Abkürzungen, die auf Großbuchstaben enden („GmbH“,„BGB“), werden ohne Punkt geschrieben. Abkürzungen, die auf Kleinbuchstaben enden, werden ohne Punkt geschrieben, wenn sie mehrere einzelne Wörter zusammenfassen („GMBl“). Abkürzungen, die auf Kleinbuchstaben enden und lediglich ein einziges zusammengesetztes Wort wiedergeben, werden in der Regel mit Punkt geschrieben („BGBl.“, „BAnz.“). Ohne Punkt stehen die Abkürzungen der Maße, Gewichte und Münzeinheiten (vgl. §§ 31, 45 GGO I in Verbindung mit Nr. VI der Anlage K 4 zu § 14 Abs. 7 der Kanzleianweisung – Anhang II zur GGO I –). Wegen der Abkürzungen für die Verfassungsorgane, die obersten Bundesbehörden und die obersten Gerichtshöfe des Bundes sowie für Bundesbehörden, Bundesgerichte, Bundesstellen und sonstige Einrichtungen wird auf das vom Bundesministerium des Innern bekanntgemachte Abkürzungsverzeichnis hingewiesen (Stand: Januar 1997; Bekanntmachung des Bundesministeriums des Innern vom 26. März 1997, GMBl S. 175). Zur Bildung von amtlichen Abkürzungen für Gesetze siehe Rn. 390 ff.

126 

Werden Vorschriften zitiert, so sind gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 GGO II die Wörter „Artikel“, „Buchstabe“ und „Satz“ stets auszuschreiben. Auch das Wort „bis“ wird immer ausgeschrieben („Die §§ 8 bis 12 sind anzuwenden“).

127 

Gesetze und Rechtsverordnungen werden im laufenden Text einer Rechtsvorschrift nicht mit ihrer Abkürzung, sondern mit ihrem Zitiernamen angegeben (z. B. nicht „Artikel 3 GG“, sondern „Artikel 3 des Grundgesetzes“).

128 

Im laufenden Text einer Vorschrift werden Maße, Gewichte und sonstige normierte Einheiten ausgeschrieben. In Tabellen, Übersichten etc. können sie mit den üblichen Abkürzungen aufgeführt werden. Hinzuweisen ist auf die Einheiten und Einheitenzeichen, die auf Grund des Gesetzes über Einheiten im Meßwesen festgelegt sind; vgl. die Einheitenverordnung vom 13. Dezember 1985 (BGBl. I S. 2272), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 22. März 1991 (BGBl. I S. 836). Gesetzliche Einheiten und Einheitenzeichen sind die in der Anlage 1 zu dieser Verordnung aufgeführten Einheiten mit besonderem Namen (z. B. Meter, Kilogramm, Sekunde) sowie die aus diesen Einheiten mit dem Zahlenfaktor 1 abgeleiteten Einheiten (z. B. Quadratmeter – m2 – und Kubikmeter – m3 – als Potenzprodukte der Einheit Meter). Die Verordnung gibt auch Auskunft über die Verwendung von Vorsätzen und Vorsatzzeichen zur Bezeichnung von dezimalen Vielfachen und Teilen von Einheiten (z. B. Kilo, Dezi, Milli, Mikro).

129 

Das Wort „Seite“ wird bei Fundstellenangaben stets durch „S.“ abgekürzt. In Tabellen, Übersichten etc. können „vom Hundert“ mit „v. H.“ und „Prozent“ mit „%“ abgekürzt werden.

130 

Auf Veröffentlichungsblätter wird gemäß § 34 Abs. 6 GGO II mit folgenden Abkürzungen verwiesen:

  a)

auf Veröffentlichungen im Reichsgesetzblatt bis einschließlich 1921 „RGBl. S. ...“,
auf Veröffentlichungen ab 1922 „RGBl. I S. ...“ oder „RGBl. II S. ...“;

  b)

auf Veröffentlichungen im Bundesgesetzblatt bis einschließlich 1950 „BGBl. S. ...“,
auf Veröffentlichungen ab 1951 „BGBl. I S. ...“ oder „BGBl. II S. ...“;

  c)

auf Veröffentlichungen im Bundesanzeiger bis einschließlich 1982 „BAnz. Nr. ... vom ...“; auf Veröffentlichungen ab 1983 „BAnz. S. ...“; auf Veröffentlichungen in Beilagen zum Bundesanzeiger „BAnz. Nr. ... vom ...“;

  d)

auf Veröffentlichungen im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften bis zum 30. Juni 1967 „ABl. EG S. ...“, auf Veröffentlichungen vom 1. Juli bis 31. Dezember 1967 „ABl. EG Nr. ... S. ...“, auf Veröffentlichungen ab 1. Januar 1968 „ABl. EG Nr. L ... S. ...“ oder „ABl. EG Nr. C ... S. ...“.

 

Die Gesetzblätter der Länder, die sonstigen Veröffentlichungsblätter des Deutschen Reiches und die Amtsblätter der Bundes- und Landesbehörden werden mit ihrer vollen Bezeichnung aufgeführt (z. B. „Verkehrsblatt“).

 

Auf Veröffentlichungen im Gesetzblatt der DDR wird mit der Abkürzung „GBl. I Nr. ... S. ...“ verwiesen; vor der Seitenangabe wird also auch die Nummer des Gesetzblattes angegeben. Ist die Fundstelle ein Sonderdruck, wird zitiert „GBl. Sonderdruck Nr. ...“. Sonderdruck kann abgekürzt werden „SDr.“. Ein Zusatz „I“ oder „II“ wird hier nicht verwendet.

131 

Die Wörter „Absatz“ und „Nummer“ werden gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 GGO II am Beginn eines Zitates ausgeschrieben, sonst abgekürzt.

    Beispiele:
   

Absatz 2 Nr. 1 Buchstabe a ...
Nummer 1 Buchstabe a ...
§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a ...

132 

Innerhalb eines Zitats werden gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 GGO II die Wörter „Absatz“, „Satz“, „Halbsatz“, „Nummer“ und „Buchstabe“ immer im Singular verwendet.

    Beispiele:
   

Absatz 2 Satz 1 bis 3 und 6 gilt entsprechend.
§ 14 Abs. 5 bis 7 gilt entsprechend.
Satz 1 Nr. 8 und 9 gilt entsprechend.

 

Ist wie in diesen Beispielen das Subjekt eines Satzes ein Zitat, so stimmt das Prädikat mit der höchsten im Zitat genannten Gliederungseinheit überein. In den Beispielsfällen steht deshalb das Prädikat im Singular.

133 

Werden am Anfang eines Zitats mehrere Gliederungseinheiten genannt, so sind sie im Plural mit Artikel zu bezeichnen (Beispiele: „... die Teile I und II“; „... die Sätze 2 und 3“; „... die §§ 2 und 3“). Werden innerhalb einer Aufzählung mehrerer gleicher Gliederungseinheiten Untergliederungen genannt, so ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 3 GGO II anschließend die Gliederungseinheit zu wiederholen.

    Beispiele:
   

Die Absätze 2 und 3 Satz 1 und die Absätze 6 bis 8 sind entsprechend anzuwenden.

   

Die §§ 3 und 5 Satz 1, § 6 Abs. 1 sowie die §§ 8 und 10 sind entsprechend anzuwenden.

   

Auf Grund des § 3 Abs. 1, der §§ 5 und 6 Abs. 2 und des § 11 ...

 

Die genannte Regel ist besonders für gebündelte Änderungsbefehle (Rn. 632) von Bedeutung.

    Beispiel:
   

In § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 2 Abs. 5, § 3 Nr. 13 bis 15, § 7 Nr. 2, § 11 Abs. 3 und § 15 Abs. 1 Nr. 7 werden die Wörter „Geltungsbereich dieses Gesetzes“ durch das Wort „Inland“, die Wörter „den Geltungsbereich dieses Gesetzes“ durch die Wörter „das Inland“ ersetzt.

134 

Werden in einem Zitat Gliederungseinheiten mit der Konjunktion „oder“ verknüpft, sollte nach der Konjunktion die Bezeichnung der Gliederungseinheit wiederholt werden.

    Beispiele:
   

Wird ... das Dienstverhältnis auf Grund des § 626 oder des § 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen ... Teil der Vergütung verlangen.

   

Erfolgt die Veräußerung nach § 929a oder § 930 oder war die nach § 931 veräußerte Sache nicht im Besitz des Veräußerers, ...

   

statt: „Wird die Ehe vor dem Tode eines Ehegatten aufgelöst oder liegen die Voraussetzungen des § 2077 Abs. 1 Satz 2 oder 3 vor, ...“

   

besser: „Wird die Ehe vor dem Tode eines Ehegatten aufgelöst oder liegen die Voraussetzungen des § 2077 Abs. 1 Satz 2 oder Satz 3 vor, ...“

 

Die Bezeichnung der Gliederungseinheit ist nach der Konjunktion stets zu wiederholen, wenn die vor der Konjunktion stehende Gliederungseinheit weiter untergliedert wurde.

    Beispiele:
   

Auf eine nach § 1973 oder nach § 1974 eingetretene Beschränkung der Haftung kann sich der Erbe berufen, wenn später der Fall des § 1994 Abs. 1 Satz 2 oder des § 2005 Abs. 1 eintritt.

   

Die Veräußerung des Pfandes ist nicht rechtmäßig, wenn gegen die Vorschriften des § 1228 Abs. 2, des § 1230 Satz 2, des § 1235, des §1237 Satz 1 oder des § 1240 verstoßen wird.

 

Bilden in einem Zitat einzelne Gliederungseinheiten, die mit der Konjunktion „oder“ verknüpft sind, das Subjekt eines Satzes, so steht das Prädikat im Singular.

    Beispiel:
    § 3 oder § 6 gilt entsprechend.
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In Anlehnung an die Schreibweise im Grundgesetz gibt § 64 Abs. 2 GGO II die Schreibweise „auf Grund“ vor. Anstelle der Schreibweise „am Tage nach der Verkündung“ (§ 31 Abs. 2 und 3 GGO II) kann zeitgemäß formuliert werden „am Tag nach der Verkündung“. Nach ständiger Rechtsetzungspraxis wird außerdem wie folgt formuliert: „geändert durch das Gesetz vom ...“, „geändert durch § x des Gesetzes vom...“, „in der Fassung des Artikels x ...“.