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Handbuch der Rechtsförmlichkeit / Anhang / Anhang 2

Anhang 1:
Richtlinien für die Fassung von Vertragsgesetzen und vertragsbezogenen Verordnungen
  Anhang 2:
Leitsätze zur Erforderlichkeit bußgeldrechtlicher Sanktionen, insbesondere im Verhältnis zu Maßnahmen des Verwaltungszwangs vom 2. März 1983
 
  1. Allgemeiner Grundsatz  
  2. Durchsetzung besonderer Leistungspflichten durch Bußgelddrohungen  
  3. Verweigerung oder Entzug einer Verwaltungsleistung  
  4. Durchsetzung vollziehbarer Verwaltungsakte durch Bußgelddrohungen  
  5. Unvereinbarkeit einer Bußgelddrohung mit dem Wesen einer Pflicht  
  6. Bußgeldbewehrung fahrlässiger Zuwiderhandlungen  
  7. Bußgeldbewehrung von Pflichten, die nur für bestimmte Personengruppen gelten  
  Anhang 3:
Prüffragen zur Notwendigkeit, Wirksamkeit und Verständlichkeit von Rechtsetzungsvorhaben des Bundes vom 11. Dezember 1984
 
  Anhang 4:
Gemeinsame Leitlinien für die redaktionelle Qualität der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften – Interinstitutionelle Vereinbarung vom 22. Dezember 1998
 
 
  Anhang 2 (zu Rn. 36)
  Leitsätze zur Erforderlichkeit bußgeldrechtlicher Sanktionen, insbesondere im Verhältnis zu Maßnahmen des Verwaltungszwangs vom 2. März 1983
  1. Allgemeiner Grundsatz
 
 

Die Mittel des Ordnungswidrigkeitenrechts sollten nur bei solchen Rechtspflichten als Sanktion eingesetzt werden, aus deren nicht rechtzeitiger oder nicht vollständiger Erfüllung sich erhebliche Nachteile für wichtige Gemeinschaftsinteressen ergäben.

 

Soweit Pflichtverstöße weniger wichtige Gemeinschaftsinteressen betreffen, ist eine Bußgeldbewehrung entbehrlich.

  2. Durchsetzung besonderer Leistungspflichten durch Bußgelddrohungen
  2.1 Handlungspflichten
 
 

Vorschriften zur Durchsetzung von Handlungspflichten bedürfen keiner Bußgeldbewehrung, wenn die Vorschriften vorwiegend dem Schutz oder Interesse des Normadressaten dienen oder wenn bei Nichtbeachtung der jeweiligen Handlungspflichten keine erheblichen Nachteile für wichtige Gemeinschaftsinteressen drohen.

  2.2 Auskunfts-, Melde- oder Mitteilungspflichten
 
 

Vorschriften zur Durchsetzung von Auskunfts-, Melde- oder Mitteilungspflichten bedürfen nur dann einer Bußgeldbewehrung, wenn erst die Erfüllung dieser Pflichten ein Tätigwerden der zuständigen Behörde zur Wahrung wichtiger Gemeinschaftsinteressen möglich macht.

  2.3 Duldungspflichten
 
 

Vorschriften zur Durchsetzung von Duldungspflichten bedürfen nur dann einer Bußgeldbewehrung, wenn die Nichterfüllung der Duldungspflicht andere verwaltungsrechtliche Maßnahmen verhindert, die nur unter erheblichen Nachteilen für wichtige Gemeinschaftsinteressen verschiebbar sind. In anderen Fällen reicht die Durchsetzung mit Mitteln des Verwaltungszwangs aus.

  2.4 Zahlungspflichten
 
 

Vorschriften, die zur Zahlung einer Geldforderung verpflichten, bedürfen keiner Bußgeldbewehrung.

  2.5 Sonstige Mitwirkungspflichten
 
 

Vorschriften zur Durchsetzung von sonstigen Mitwirkungspflichten, wie z. B. die Verwendung von Formblättern bei Meldungen, bedürfen nur dann einer Bußgeldbewehrung, wenn bereits die Nichtbeachtung der jeweiligen Mitwirkungspflicht erhebliche Nachteile für wichtige Gemeinschaftsinteressen befürchten läßt. Ist die Mitwirkung ohne erhebliche Nachteile nachholbar, so muß sie mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden.

  3. Verweigerung oder Entzug einer Verwaltungsleistung
  3.1 Verweigerung einer Verwaltungsleistung
 
 

Eine Bußgeldbewehrung ist entbehrlich, wenn das Verhalten des Betroffenen durch Verweigerung einer Verwaltungsleistung gesteuert werden kann.

  3.2 Entzug einer Verwaltungsleistung
 
 

Eine Bußgeldbewehrung ist auch dann entbehrlich, wenn das Verhalten des Betroffenen durch Androhung des Entzugs oder Entzug einer Verwaltungsleistung, Konzession oder Vergünstigung gesteuert werden kann.

  4. Durchsetzung vollziehbarer Verwaltungsakte durch Bußgelddrohungen
 
 

Vollziehbare Verwaltungsakte (Anordnungen und Auflagen), deren Zweck bereits durch ihren Vollzug erreicht werden kann, bedürfen keiner Bußgeldbewehrung.

  5. Unvereinbarkeit einer Bußgelddrohung mit demWesen einer Pflicht
 
 

Eine Bußgeldbewehrung sollte dort entfallen, wo dasWesen einer Pflicht die freiwillige Bereitschaft zu ihrer Übernahme voraussetzt.

  6. Bußgeldbewehrung fahrlässiger Zuwiderhandlungen
 
 

Grundsätzlich sollen nur vorsätzliche Zuwiderhandlungen mit Geldbuße bedroht werden. Fahrlässige Zuwiderhandlungen sollen nur dann mit Geldbuße bedroht werden, wenn dies zur Durchsetzung einer Rechtspflicht erforderlich ist.

  7. Bußgeldbewehrung von Pflichten, die nur für bestimmte Personengruppen gelten
 
 

Einer Bußgeldbewehrung bedarf es nicht, wenn das Gebot oder Verbot durch arbeitsrechtliche, disziplinarrechtliche oder berufsrechtliche Maßnahmen ausreichend abgesichert werden kann.